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Zugefroren auf dem Abstellgleis: die Berliner S-Bahn.

© AFP

Frost und Frust: Die S-Bahn kommt nicht – dafür die Preiserhöhung

Der Winter macht Berlinern und Touristen das Leben schwer. Silvester gibt es keinen Zusatzverkehr. Auch Angebot im Berufsverkehr nach Ferienende bleibt ungewiss. Fahrplan weiter ausgedünnt, BVG kann kaum aushelfen.

Langes Warten auf überfüllte Züge bei der S-Bahn, gestrichene Fahrten bei Bussen sowie der Bahn – und höhere Preise: Diese Kombination mutet man in Berlin den Fahrgästen jetzt zu. Obwohl sicher ist, dass die S-Bahn am 3. Januar, wenn nach dem Ende der Ferien auch der Berufsverkehr wieder voll einsetzt, kein ausreichendes Angebot dafür auf die Gleise stellen kann, bleibt es dabei, dass die Fahrpreise zum 1. Januar, um durchschnittlich 2,8 Prozent erhöht werden.

Von den insgesamt 550 Zügen der Berliner S-Bahn seien angesichts mehrerer Fahrzeugstörungen derzeit nur 228 im Einsatz, sagte Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert am Donnerstag. Die S-Bahnen fahren im 20-Minuten-Takt - vereinzelt auch in Abständen von 40 Minuten. Auf dem Ring werde nach wie vor mit wenigen Ausnahmen der Zehn-Minuten-Takt eingehalten.

Am Donnerstagmorgen hatte es auf dem gesamten Streckennetz durch eingefrorene Weichen und Motorschäden Verspätungen gegeben. So war zwischen den S-Bahnhöfen Tiergarten und Bellevue am Morgen ein S-Bahnzug liegen geblieben. Auch der Regionalexpress 1 fuhr zwei Stunden lang nicht.

Insgesamt hat es seit dem 1. Dezember über 1000 Antriebsstörungen gegeben, wie Ahlert sagte. Es seien 220 Motoren getauscht worden. In den Betriebswerkstätten in Erkner und Schöneweide werde auf Hochtouren gearbeitet. Allerdings dauere allein die Enteisung eines Zuges etwa vier Stunden.

Wer umsteigen muss, kann doppeltes Pech haben und zwei Mal gefühlte Ewigkeiten warten müssen. Hinzu kommen Weichenstörungen oder Notarzteinsätze wie gestern bei Pichelsberg, wo ein Fahrgast in einem Zug gestorben war.

Der Fahrplan ist derzeit für Geschwindigkeiten bis zu 80 km/h ausgelegt. Weil einige Züge aus Sicherheitsgründen aber nur bis Tempo 60 beschleunigen dürfen, sind Verspätungen unvermeidbar.

Ob die S-Bahn ein Ersatzangebot schaffen kann, war auch am Donnerstagmittag noch ungewiss. Auf ihren Hilferuf an den Konzern, ihr Lokomotiven und Wagen zu überlassen, um auf den Gleisen der Regionalbahn zusätzliche Züge anbieten zu können, habe es noch keine Angebote gegeben, sagte gestern ein Bahnsprecher. Der Bahn fehlen überall Fahrzeuge, auch im Regional- und Fernverkehr.

Auf S-Bahn-Gleisen könnten wegen des besonderen Stromsystems als Ersatz nur Dieselfahrzeuge fahren. Und hier gibt es Vorschläge, zumindest auf Außenstrecken solche Züge einzusetzen. Probleme gäbe es dabei, weil die Bahnsteige der S-Bahn höher sind als im Fern- und Regionalverkehr; entsprechend unterschiedlich sind auch die Einstiegshöhen bei den Fahrzeugen konzipiert.

Die BVG kann nach Angaben ihres Sprechers Klaus Wazlak nicht groß einspringen. Zusätzliche Fahrten auf ihren Linien seien kaum möglich; hierfür gebe es keine Reserven. Bei der U- und der Straßenbahn könne man höchstens im normalen Fahrplan mehr Wagen einsetzen. Bei den Bussen geht dagegen gar nichts, weil die BVG dort selbst einen Fahrzeugmangel hat. Auch in der nächsten Woche werden deshalb weiter Fahrten ausfallen, kündigte Wazlak an.

Sogar für Silvester, wenn Hunderttausende zum Brandenburger Tor fahren wollen, steht der Fahrplan bei der S-Bahn nicht fest. Denkbar wäre, den Verkehr auf Außenstrecken einzuschränken, um im Zentrum mehr Züge fahren lassen zu können, sagte ein Sprecher. Den sonst üblichen Silvester-Zusatzverkehr werde es jedoch nicht geben. Nur im Regionalverkehr gebe es zusätzlich Nachtfahrten. Näheres möchte das Unternehmen im Laufe des Donnerstagnachmittag bekannt geben.

Dafür kommt zum Jahreswechsel die im Sommer beschlossene Tariferhöhung im Verkehrsverbund. Man könne nicht 40 Unternehmen durch ein Aussetzen der Erhöhung bestrafen, nur weil ein Unternehmen eine mangelhafte Leistung erbringe, sagte der Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, Mathias Gille. Die anderen Verkehrsbetriebe seien auf höhere Einnahmen angewiesen, argumentiert auch Brigitta Köttel vom VBB.

Für den Fahrgastverband Igeb sind die Tarifsteigerungen dagegen „ärgerlich und nicht vermittelbar.“ Auch in den vergangenen drei Jahren ohne Preiserhöhung sei es den Verkehrsunternehmen gelungen, die Einnahmen zu steigern – durch mehr Fahrgäste. Als Ausgleich für die jetzige Erhöhung müsse es zumindest Zusagen geben, auf weitere Tarifsteigerungen 2011 und 2012 zu verzichten, fordert die Igeb. Zudem müssten Fahrgäste nochmals entschädigt werden, woran sich auch die BVG beteiligen müsse.

Alte Fahrscheine gelten übrigens noch bis zum 14. Januar. (mit dapd)

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