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Tragisch, aber selten. Im Berliner Straßenverkehr sterben nur sehr wenige Kinder, in manchen Jahren überhaupt keins. Allerdings werden jährlich etwa 800 bei Unfällen verletzt.

© R. W. During

Verkehrssicherheit: Kleine Leute in großer Gefahr

Eine Studie zu Verkehrsunfällen mit Kindern zeigt: In Berlin verunglücken vor allem junge Fußgänger. Brandenburg hat andere Probleme - und zeigt deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Regionen.

Berliner Kinder leben gefährlich – sofern sie zu Fuß unterwegs sind. Zuletzt wurde am Freitagnachmittag ein Zwölfjähriger angefahren und schwer verletzt, als er hinter einem BVG-Bus über die Blankenburger Chaussee im Pankower Ortsteil Karow lief. In einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) über das Unfallgeschehen mit maximal 14-Jährigen belegt die Hauptstadt von 412 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten den 378. Platz in der Rubrik „Verunglückte Kinder als Fußgänger“. Besser steht Berlin bei der Sicherheit der jungen Radfahrer da: Platz 182. Als Mitfahrer in Autos leben Kinder im Bundesvergleich hier noch etwas sicherer, wie Platz 50 für Berlin zeigt. In Brandenburg unterscheidet sich die Situation von Kreis zu Kreis deutlich.

Weil die Behörde die Unfallbilanzen von gleich fünf Jahren – 2006 bis 2010 – ausgewertet hat, ist die Liste nicht durch zufällige Schwankungen verfälscht. Zudem wurden die 15 größten Städte separat verglichen, weil das Unfallgeschehen dort anders ist als auf dem Land, wo Kinder öfter im Elterntaxi sitzen.

Im Großstadtranking schneidet Berlin durchwachsen ab: Bei den Pkw-Mitfahrern ist die Hauptstadt etwas sicherer (von 1000 Kindern verunglückten 0,71 pro Jahr) als der Durchschnitt (0,79). Ähnlich ist das Bild bei den jungen Radfahrern (0,87 verunglückten je 1000 Kinder in Berlin; Städtedurchschnitt: 0,97). Bei den Fußgängern liegt das Risiko in Berlin mit 1,13 Verunglückten je 1000 Kinder knapp über dem Städtedurchschnitt von 1,09.

In der Summe aller Kategorien erreicht Berlin mit 2,71 verunglückten pro 1000 Kinder den 5. Platz im Ranking der Großstädte. Wobei „verunglückt“ eine körperliche Schädigung bedeutet, die von der Polizei auch erfasst wurde. Letzteres lässt die Studienautoren vermuten, dass es eine beträchtliche Dunkelziffer beispielsweise bei Stürzen radelnder Kinder ohne andere Beteiligte gibt.

Für Stadt und Land gilt gleichermaßen, dass der Straßenverkehr allmählich sicherer wird. Auch Berlin folgt diesem Bundestrend in allen Kategorien. Laut der Unfallstatistik des Polizeipräsidiums verunglückten hier in den vergangenen Jahren bei jeweils rund 1000 erfassten Unfällen je etwa 800 Kinder. Tragisch: Während im Jahr 2011 kein einziges Kind im Berliner Verkehr starb, kam sowohl 2012 als auch im Januar 2013 je ein Kind ums Leben: Zuletzt starb eine 14-Jährige, die am 17. Januar in der Groß-Ziethener Straße in Lichtenrade von einem Opel überfahren wurde. Der Junge, der im März 2013 am Plänterwald von einem Lkw gestreift und tödlich verletzt wurde, war ebenso alt. Und: Beide Opfer waren auf dem morgendlichen Weg zur Schule.

Der Schulweg beschäftigt auch die Bast: Zwischen 7 und 8 Uhr steigt die Zahl der Kinderunfälle dramatisch, um dann rasch wieder abzufallen. Einen weiteren Höhepunkt erreicht sie gegen 14 Uhr und sinkt dann erst nach 19 Uhr wieder deutlich. Während die Nachmittage seit 2005 statistisch sicherer geworden sind, ist die morgendliche Spitze konstant hoch. Die Gefahr der Schulwege zeigt sich auch in der jahreszeitlichen Verteilung: Im Juni und September passiert am meisten. Dagegen sinken die Unfallzahlen während der Sommerferien und fallen im Winter noch weiter ab. Generell leben Jungen etwas gefährlicher als Mädchen. Die Autoren der Studie erklären das nicht nur mit deren größerer Risikobereitschaft, sondern auch mit stärkerer Fahrradnutzung und Freizeitbeschäftigung auf der Straße. Mädchen verunglücken dagegen häufiger als Jungen, wenn sie im Auto mitfahren.

Eine weitere stabile Größe ist ein Nord-Süd-Gefälle in der Bundesrepublik. Vermutlich passiere im flacheren Norden relativ viel, weil dort mehr geradelt werde als im eher bergigen Süden. Neben Sachsen-Anhalt steht auch Brandenburg relativ schlecht da. Die Bilanz fällt allerdings für die verschiedenen Arten junger Verkehrsteilnehmer sehr unterschiedlich aus. Konstant sind nur die im Bundesvergleich durchweg guten Werte des Landkreises Elbe-Elster und die durchweg schlechten der Stadt Brandenburg/Havel. Kaum besser ist die Situation im Landkreis Barnim nordöstlich Berlins.

Ein klares Fazit ergibt sich für Berlin aus der Unfallstatistik der Polizei: „Nichtbeachten des Fahrzeugverkehrs“ ist die häufigste Ursache für Unfälle mit Kindern, gefolgt von „Fehlern beim Einfahren in den fließenden Verkehr“. Autofahrer, die im Gegensatz zu Kindern volljährig und als Verkehrsteilnehmer geprüft (und im Ernstfall immer mindestens mitschuld) sind, haben es also in der Hand, die Kinder zu schützen. Oder, um genau zu sein, im rechten Fuß.

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