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Berlin: Versicherung für billige Beerdigung Unternehmen verkauft Police an Körperspender

Immer mehr Berliner vermachen ihren Körper nach dem Tod der Charité – für die Ausbildung von Medizinstudenten. Viele der so genannten Körperspender wollen damit ihre Angehörigen von teuren Bestattungskosten entlasten.

Immer mehr Berliner vermachen ihren Körper nach dem Tod der Charité – für die Ausbildung von Medizinstudenten. Viele der so genannten Körperspender wollen damit ihre Angehörigen von teuren Bestattungskosten entlasten. „Seit bekannt wurde, dass wir billiger sind als normale Bestatter, melden sich immer mehr Spendenwillige bei uns“, sagt Gottfried Bogusch, Lehrbeauftragter des AnatomieCentrums der Charité. 1200 Euro stellt das Universitätsklinikum für die Urnenbeisetzung in Rechnung. Reguläre Bestattungen kosten leicht ein Mehrfaches.

Früher sei es sehr schwierig gewesen, Körperspenden zu bekommen, sagt Robert Nitsch, Sprecher des Anatomie- Centrums. Vor allem religiös gebundene Menschen fanden die Vorstellung abschreckend, dass angehende Mediziner ihre sterblichen Überreste sezieren oder Operationen an ihnen üben. Nun aber hat man ein Überangebot. Die Uniklinik benötigt rund 60 Lehrleichen für die Anatomiekurse der Studenten – es gehen aber jährlich 100 bis 200 Körperspenden ein.

Dem Trend zur Körperspende in Berlin trägt nun auch die Bestatterbranche Rechnung. Die Berliner Versicherungsfirma Ideal, zu der auch die Bestatterkette Ahorn-Grieneisen gehört, hat eine Sterbegeldversicherung für Körperspender entwickelt, deren Prämien entsprechend der geringeren Bestattungskosten preiswerter sind. Groß werben will das Unternehmen dafür jedoch nicht. „Das Produkt richtet sich nur an eine sehr kleine Zielgruppe. Das kommentieren wir nicht öffentlich“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel.

In der Charité hofft man, sich durch diese Versicherung mit rund 8000 verärgerten registrierten Körperspendern zu einigen, die gehofft hatten, kostenlos bestattet zu werden – und nun hören, dass die 1200 Euro doch bezahlt werden müssen. Denn seit einem Jahr zahlen die Krankenkassen kein Sterbegeld – zuletzt waren das noch 525 Euro – mehr, das die Körperspender dem Klinikum zur Begleichung der Bestattungskosten gleich mitvermachten. Wenn die Charité die Beerdigungen der Körperspender allein zahlen müsste, kämen pro Jahr 120 000 bis 240 000 Euro zusammen und belasteten die schrumpfenden Etats für die Lehre.

Trotz des derzeitigen Überangebots werde die Universitätsklinik keinen Spender zurückweisen, sagt Charité-Anatom Bogusch. Zum einen müsse man den Rückgang bei den Alt-Körperspendern ausgleichen. Von den 8000 Betroffenen, die ihr Vermächtnis für die Charité schon vor Jahrzehnten regelten, haben wegen der neuen Kosten rund zehn Prozent ihre Bereitschaft wieder zurückgezogen – auch wenn die Charité bei sozialen Härtefällen einen Sondertarif von 900 oder sogar 600 Euro anbot. Um jeden Einzelnen, der abgesprungen sei, tue es ihm leid, sagt Bogusch. Denn die Lehr-Leichen seien für die Aus- und Fortbildung von Medizinern unersetzbar.

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