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An jeder zweiten Berliner Schule wird aktuell gebaut. (Symbolbild)

© Thilo Rückeis

Verwirrung um Berliner Schulbau-Millionen: Czaja wirft Scheeres vor, „geblufft“ zu haben

Für die Osterferien hatte die Bildungssenatorin immense Schulbauvorhaben angekündigt. Doch wie viele der Arbeiten wurden erledigt? Die Listen sind lückenhaft.

Das verwirrende Nebeneinander hunderter Baumaßnahmen an Berlins Schulen hat nun auch Berlins Bildungspolitiker verwirrt: Sie warfen sich am Wochenende gegenseitig vor, „Unfug“, „falsche Aussagen“ sowie einen „großen Bluff“ zu verbreiten. Was ist geschehen?

Ausgangspunkt der Streiterei war die Behauptung von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), dass „die Bezirke für die Osterferien Arbeiten an 232 Schulen mit einem Volumen von gut 194,8 Millionen Euro gemeldet haben“. Scheeres hatte die Zahlen zuvor in den Schulämtern angefordert, um zu zeigen, dass die Schulbauoffensive wirkt. Dafür hatte sie eigens zu einer Baustellenbesichtigung eingeladen.

Das war im April. Woraufhin der CDU-Abgeordnete Mario Czaja jetzt nachfragte, was denn nun von diesen angekündigten Arbeiten tatsächlich in den Osterferien erledigt worden sei. Als Antwort erhielt er von der Bildungsverwaltung die entsprechenden Listen der Bezirke. Diese Listen sind aber höchst lückenhaft: Manche Bezirke haben gar keine Antworten gegeben, andere haben alle Maßnahmen aufgeführt, sodass sichtbar wird, dass zum Ende der Osterferien nur ein Bruchteil der Gelder ausgegeben worden waren. (Die pdf-Datei der Anfrage zum Herunterladen finden Sie hier.)

Was aber besagen diese Listen? Für Czaja steht fest, dass die von Scheeres angekündigten Schulsanierungen in den Osterferien „leider ein großer Bluff“ und ein „faules Ei“ waren, wie er am Sonntag verbreitete. Tatsächlich lesen sich die Angaben der Bezirke ernüchternd: Zahlen für Mitte, Pankow, Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Spandau fehlen komplett.

Fünf Bezirke lieferten keine Zahlen

Bei weiteren sechs Bezirken wurde bisher nur ein Bruchteil ausgegeben. So listet Neukölln etwa auf, von den geplanten 6,9 Millionen Euro bislang nur 1,3 verbaut zu haben, Reinickendorf 2,8 von 19 Millionen Euro, Tempelhof-Schöneberg sogar nur 0,7 von angegebenen 23,6 Millionen Euro, was drei Prozent entspricht.

Friedrichshain-Kreuzberg hatte ein Viertel der 22 aufgelisteten Millionen verausgabt und Charlottenburg-Wilmersdorf ein gutes Fünftel von ebenfalls rund 22 Millionen. In Steglitz-Zehlendorf konnte eine von fünf Millionen als "verbaut" vermeldet werden.

Als am plausibelsten erschienen auf den ersten Blick die Angaben aus Treptow-Köpenick: Das Schulamt schrieb nämlich in der Antwort auf Czajas Anfrage, dass 450.000 Euro verbaut werden sollten und dass tatsächlich über 90 Prozent der für die Osterzeit geplanten Arbeiten abgeschlossen waren. Allerdings war im April noch von einem zweistelligen Millionenbetrag für Treptow-Köpenick die Rede gewesen - ein weiteres Zeichen dafür, dass irgendetwas mit Scheeres' Fragestellung oder mit der Interpretation der Fragestellung nicht stimmte.

[Die Liste mit den von Scheeres am 12. April veröffentlichten Ferienbaustellen als finden Sie als pdf-Datei zum Herunterladen hier.]

Pankows Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) warnte am Sonntag aber davor, aus den Listen falsche Schlüsse zu ziehen und nannte drei Gründe für spärliche Angaben: Erstens brauche die Rechnungslegung eben seine Zeit, zweitens handele es sich um laufende Baumaßnahmen und drittens lasse die Bildungsverwaltung den Bezirken mitunter nur zwei Tage Zeit für die Beantwortung komplizierter Anfragen, was kaum zu schaffen sei. Um künftig zu vermeiden, dass die Angaben der Bezirke so extrem auseinanderklaffen und kaum miteinander vergleichbar sind, schlägt Kühne vor, das Berichtswesen endlich zu standardisieren.

"Ein Marathon und kein Sprint"

Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) schloss sich dieser Argumentation im Großen und Ganzen an. Im Übrigen sei die Schulbauoffensive „ein Marathon und kein Sprint“. Daher seien die Ausführungen von Herrn Czaja absoluter Unfug, so Kleebank. Auch die Bildungsverwaltung verwies auf die Dauer der Rechnungslegung: „Deshalb ist die Aussage von Herrn Czaja auch falsch“, sagte Sprecher Thorsten Metter im Hinblick auf Czajas Behauptung, die Osterferien-Offensive sei ein „Bluff“ gewesen.

Scheres selbst suggerierte das große Ferien-Bauvolumen

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings, dass Scheeres selbst der jetzigen Reaktion Czajas Vorschub geleistet hatte: Ihre öffentliche Darstellung hatte nämlich suggeriert, dass die von den Bezirken genannten Millionen in den Osterferien verbaut würden.

Der CDU-Abgeordnete beließ es allerdings nicht bei seiner Kritik, sondern erneuerte auch die CDU-Vorschläge für eine Beschleunigung des Schulbaus: "Ausschreibungsgrenzen müssen so gestaltet werden, dass Aufträge schneller vergeben werden können und Handwerksbetriebe weniger Bürokratie haben", betonte Czaja. Zudem sei es wichtig, "viel mehr abrufbare Rahmenverträge zu haben für Sanitär, Fenster und Elektro, um schneller voranzukommen". Czaja wiederholte auch seine Forderung nach Sprinter-Prämien wie es sie beim Autobahnbau gebe: "Wer schneller ist, soll belohnt werden.“

Ausgangspunkt für die inzwischen schon traditionellen Baustellenbegehungen Scheeres' zum Ferienbeginn, war und ist der Umstand, dass wegen des Baulärms manche Arbeiten nur in der Ferienzeit stattfinden können. Aus diesem Grund streben die Bezirke eine verstärkte Bautätigkeit in den Ferien an. Wenn es bei den lärmintensiven Arbeiten Verzögerungen gibt, kann das unter Umständen dazu führen, dass der Unterricht zu Schulbeginn ausfallen muss, wie nach den Sommerferien 2018 in der Hausburgschule in Friedrichshain.

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