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Vier Jahre Knut: Muttis Liebling feiert Geburtstag

Knut-Fans aus aller Welt feierten am Sonntag den vierten Geburtstag ihres Superstars. Eine Party mit Knatsch: Besucher befürchten, er wird falsch gehalten.

Am Anfang jubeln alle gemeinsam: Als Knut am Sonntagmorgen das Gehege betritt, begleiten „Ohs“ und „Ahs“ von gut 300 Besuchern den Weg des Bären in den Vordergrund des Geheges. Knut scheint zunächst zögerlich: Mehrmals schaut er sich um. Nein: Heute droht ihm kein Ärger von Seiten der Eisbärendamen Nancy, Katjuscha und Mutter Tosca. Die wurden anlässlich des vierten Geburtstags ihres ungeliebten Gehege-Genossen extra auf einen Nebenfelsen ausquartiert. Knut ist ungestört, „endlich einmal“, wie einige Fans später seufzen werden. In Ruhe kann er sich über seine Geschenke hermachen – das Brot in Form einer Vier ist schnell verschlungen, die Eistorte mit Lachs und Croissants schmeckt, das neue Spielzeug, ein Tau, findet da noch vergleichsweise wenig Beachtung. Die Festgemeinde singt „Happy Birthday“, und klatscht verzückt, als der mittlerweile 270 Kilogramm schwere Jungbär sich vor seinen Fans aufrichtet. In diesem Moment erinnern sich viele an 2007, als das Eisbärenbaby Knut die Welt verzückte.

Dass seitdem viel Zeit vergangen ist, wird erst nach der Feierstunde deutlich, als Heiner Klös, Bärenkurator und Bauleiter des Zoos, wieder und wieder gezwungen ist, sich mit aufgebrachten Knut-Fans auseinanderzusetzen. Deren wesentliche Forderungen an die Zooleitung: mehr Spielzeug für den häufig gelangweilt wirkenden Superstar, eine Unterbringung, in der er nicht dem ständigen Mobbing der drei älteren Eisbären-Weiber ausgesetzt ist, und überhaupt: eine Komplettrenovierung des Eisbärenfelsens. „Werden wir hier in den nächsten fünf Jahren Eisbären in einer naturnaheren Umgebung sehen können?“ fragt eine Besucherin Klös. „Dafür sollten sie Fernsehen gucken“, gibt der ein wenig dünnhäutig zurück, und erläutert dann die bauliche Prioritätenliste des Zoos: Erst seien die Tropenbären dran, „dann muss man sehen, wie das alles zusammenpasst.“ Der Handlungsbedarf bei anderen Tierarten sei weitaus größer als bei den Eisbären, dennoch arbeite man stetig an einer Verbesserung von Knuts Situation. „Die alten Bärinnen werden älter, Knut wird bald geschlechtsreif und eine junge Gespielin bekommen. All das wird passieren.“ „Ist er dann noch jugendlich oder sollen wir ewig warten?“ fragt die Dame zurück. Klös winkt ab, zeigt aber später auch Verständnis für den Knut-Kult: „Das ist eine hoch emotionale Sache. Über Knut sind Kontakte und Freundschaften entstanden, da geht es um viel mehr als nur um den Bären.“ Dieser Verantwortung müsse sich der Zoo stellen, der, so Klös, nicht nur der Haltung von Tieren, sondern ja auch den Menschen diene. „Gerade hier in der Großstadt haben durch Knut viele eine Familie gefunden.“ Eine Familie, deren Interesse an Knut den Interessen des Zoos häufig entgegensteht: „Für mich kommt die Population an erster Stelle, für die fanatischen Tierschützer steht nur das eine Tier im Mittelpunkt“, sagt Klös. In der emotional aufgepeitschten Situation sei dies jedoch schwer zu vermitteln.

Die Knut-Fans lassen das so nicht auf sich sitzen. Gerade bei der Frage nach dem „Enrichment“, den Beschäftigungsmaßnahmen also, die von Zoo-Chef Bernhard Blaszkiewitz aus Sicht der Amateur-Zoologen zu häufig kategorisch abgelehnt werden, sehen sie den Zoo in einer allgemein tierfeindlichen Position: „In Deutschland beherbergen zwölf Zoos Eisbären, und elf von ihnen werden mit Spielzeug beschäftigt. Da fragt man sich, warum der eine Zoo sich standhaft weigert“, sagt Frans van der Kalff, der mehrmals im Jahr aus dem niederländischen Apeldoorn nach Berlin kommt, um Knut nahe zu sein. Auch Erika Dörflein, Mutter von Knuts Ziehvater Thomas Dörflein, ist unzufrieden mit der Situation ihres „Enkels“: „Es tut einem schon im Herzen weh, das so zu sehen.“ Das Leben mit den alten Bärinnen tue dem Jungbären nicht gut: „Drei Damen erwarten was von ihm, was er noch nicht leisten kann, obwohl er bereits riecht wie ein echter Mann. Klar, dass die enttäuscht sind.“

Heiner Klös findet die Kritik am Zoo überzogen: „Wir sind heute hier, Knut ist allein und hat ein Spielzeug bekommen.“ Forderungen nach einer Palastrevolte gegen Aufsichtsrat und Zoo-Chef weist er energisch zurück: „Das steht überhaupt nicht zur Diskussion.“ Knut macht da gerade einen Haufen in den Wassergraben.

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