zum Hauptinhalt
Am 12. Februar werden in Berlin die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten wiederholt.

© Imago/Klaus Martin Höfer

Volksentscheid und Parlament: Berliner Bezirke sehen bei Doppelwahl ähnliche Risiken wie der Landeswahlleiter

Grüne und Klima-Aktivisten wollen Volksentscheid und Wiederholungswahl zusammenlegen. Landes- und Bezirkswahlleiter warnen vor gravierenden Folgen.

Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler erfährt für seine Warnungen vor einer Zusammenlegung des Volksentscheides „Berlin 2030 klimaneutral“ und der Abgeordnetenhauswahl breite Unterstützung aus den Bezirken. Bei einem Treffen mit den für die Durchführung der Wahl verantwortlichen Bezirkspolitikern am Mittwoch unterstützten nahezu alle seine Warnungen vor einer weiteren organisatorischen Katastrophe bei der Wiederholungswahl. Das erfuhr der Tagesspiegel übereinstimmend aus Teilnehmerkreisen.

Die Bezirksverwaltungen und der Landeswahlleiter müssen die Abstimmung in nur 90 Tagen vorbereiten. Der mögliche Volksentscheid sei in der Kürze der Zeit eine „kaum lösbare Aufgabe“ hatte Bröchler gesagt. Bröchler und die Bezirkswahlleiter fürchten unter anderem, dass es bis zur Wahl nicht gelingt, genügend Papier zu ordern und Stimmzettel zu drucken. Die bisherige Druckerei würde den Auftrag nicht zusätzlich noch schaffen, für eine neue bräuchte es auch eine neue Ausschreibung – mit entsprechenden Bewerbungsfristen.

Hinzu kommt: Schon am 2. Januar müssen die Briefwahlunterlagen verschickt werden. Dann soll eigentlich auch eine Stellungnahme des Senats und der Initiatoren zum Volksentscheid beiliegen. Auch das wird bis dahin kaum umsetzbar sein.

Allerdings ist diese Stellungnahme zumindest keine Pflicht. Eine eigentlich notwendige Befassung des Abgeordnetenhauses mit dem erfolgreichen Volksbegehren müsste man ohnehin auslassen, um den Zeitplan überhaupt zu halten. Letztlich entscheiden die Frage der Doppelwahl allerdings nicht Bröchler und die Bezirke, sondern der Berliner Senat.

Besonders Berlins Grüne drängen auf eine gleichzeitige Durchführung beider Abstimmungen. Sie lehnen den Volksentscheid zwar inhaltlich ab, argumentieren aber mit einer höheren Beteiligung an der Abstimmung bei der Zusammenlegung. Die SPD sieht eine Doppelabstimmung kritisch.

Allerdings gibt es selbst im grün regierten Friedrichshain-Kreuzberg enorme Bedenken bei den Verantwortlichen für die Wahl. Sowohl beim für Bürgerdienste zuständigen Stadtrat Oliver Nöll (Linke) als auch im Wahlamt selbst. Öffentlich gegen Bröchlers Bedenken gestellt hat sich bisher der Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann (Grüne).

Unterstützung für Bröchlers Kurs kommt aus Marzahn-Hellersdorf, wo es bei der vergangenen Wahl kaum größere Probleme gab. Bezirksbürgermeister Gordon Lemm (SPD) fordert jedoch: „Wenn es einen zweiten Wahltermin gibt, dann muss man das mit der Wiederholung der Bundestagswahl zusammen machen.“

Außerdem bräuchten die Bezirke für eine erneute Wahl dann auch ähnlich deutliche Zusagen des Senats für Personal und Finanzmittel. Nur so sei die aktuelle Belastung überhaupt zu schaffen. Allerdings ist bisher unklar, wann die Wahlwiederholung der Bundestagswahl in Berlin stattfinden kann. Das hängt davon ab, ob das Bundesverfassungsgericht sich damit befasst.

Andere Bürgermeister und Wahlamtsleiter wollten sich lieber nicht öffentlich äußern. Das Problem: Jedes Nachdenken über die getrennte Umsetzung beider Wahlen wird von Grünen, Klima-Aktivisten und Teilen der Linkspartei als mögliche Verhinderung eines erfolgreichen Volksentscheides gewertet. Zumindest in Teilen der SPD ist das womöglich auch Hintergrund der Ablehnung.

Zu spüren bekam das jedoch auch der neue Landeswahlleiter: Er wurde Anfang der Woche von Grünen-Abgeordneten im Parlament in scharfem Ton befragt. Bröchler war zuvor Mitglied der unabhängigen Expertenkommission gewesen, die die Hintergründe des Wahldebakels aufgedeckt hatte.

Zur Startseite