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Unendliche Weiten. Kann da nicht ein Stückchen weg? Ums Tempelhofer Feld in Berlin wird heftig gestritten.

© Doris Spiekermann-Klaas

Volksentscheid zum Tempelhofer Feld: Ja, Nein oder Jein?

In zwei Wochen stehen gleich zwei Gesetze zur Auswahl. Das macht die Abstimmung kompliziert – und spannend. Wir erklären hier die Varianten und ihre Wirkungen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Stimmzettel für den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld ist für viele Wähler ein Rätsel. Denn zum ersten Mal steht nicht nur ein Gesetzentwurf zur Abstimmung, sondern zwei Entwürfe sind unabhängig voneinander zu bewerten. Jeweils mit Ja oder Nein.

Der erste Entwurf ist jener der Bebauungsgegner. Die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ fordert im Wesentlichen, dass auf jede Bebauung, Teilprivatisierung oder Veräußerung von Teilen des Feldes verzichtet wird. Das Areal soll insgesamt so bleiben, wie es jetzt ist.

Der zweite Entwurf trägt die Handschrift der regierenden großen Koalition. Der Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses, getragen von SPD und CDU, will eine Randnutzung des Feldes für Wohnen, Wirtschaft, Erholung, Freizeit und Sport zulassen. Der größte Teil der Fläche, etwa 230 Hektar, sollen frei nutzbar und im öffentlichen Eigentum bleiben.

Beide Gesetzentwürfe haben sogar Gemeinsamkeiten. Etwa das Bekenntnis, die historischen Spuren auf dem Tempelhofer Feld, auf dem ein SS-Konzentrationslager stand, zu bewahren. Es gibt also kein klares „entweder – oder“, sondern mehrere Möglichkeiten. Damit man besser durchsieht, erklären wir hier einmal alle Varianten und ihre Konsequenzen:

JA UND NEIN

Man stimmt dem einen Gesetzentwurf zu und lehnt den anderen ab. Das ergibt Sinn, wenn man zur Randbebauung des Feldes eine klare Meinung hat. Ist man gegen eine Bebauung wie von den Initiatoren vorgeschlagen und wie von der Opposition im Abgeordnetenhaus unterstützt, muss man bei der ersten Frage mit Ja, bei der zweiten mit Nein antworten.

NEIN UND JA

Wer den Masterplan des Senats richtig findet, sollte erst den Entwurf der Initiative ablehnen und dann dem zweiten Gesetzentwurf zustimmen.

JA UND JA

Es ist auch erlaubt, beiden Gesetzentwürfen zuzustimmen. So lässt sich betonen, dass die große Freifläche in der Mitte des Feldes in jedem Fall gesetzlich geschützt werden soll. Eine Nutzung der Randflächen wird in diesem Fall aber nicht kategorisch ausgeschlossen.

NEIN UND NEIN

Die weitere Abstimmungsmöglichkeit ist eine Ablehnung beider Gesetzentwürfe. Das ist eher Symbolik, ergibt aber Sinn, wenn man eine Bebauung größerer Teile des Feldes zulassen, den Senatsplänen aber nicht folgen möchte – entweder weil man die große Fläche sowieso für Luxus hält. Oder weil man die Pläne des Senats falsch findet und zum Beispiel viel mehr Sozialwohnungen fordert.

ENTHALTUNGEN

Möglich ist es natürlich auch, nur bei einem Gesetzentwurf ein Kreuzchen zu machen und den anderen Entwurf auszulassen, sich also der Stimme zu enthalten.

QUORUM

Nach Schließung der Abstimmungslokale am 25. Mai um 18 Uhr werden die Stimmen für beide Gesetzesentwürfe getrennt ausgezählt. Wenn die Mehrheit der Teilnehmer, aber mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten (rund 625.000 Menschen) mit Ja stimmen, gilt ein Gesetzentwurf als angenommen. Wenn das Quorum nicht erreicht wird oder mehr Nein- als Ja-Stimmen gezählt werden, ist er abgelehnt. Sollten beide Gesetzentwürfe die notwendige Mehrheit finden, tritt derjenige in Kraft, der die meisten Ja-Stimmen erhält.

Es kann natürlich auch passieren, dass beide Gesetzentwürfe abgelehnt werden oder das Quorum nicht erreichen. In diesem Fall gibt es keine vom Volk direkt bestimmte gesetzliche Vorgabe für den Umgang mit dem Tempelhofer Feld. Dann könnte das Abgeordnetenhaus wieder als traditioneller Gesetzgeber in Erscheinung treten und beispielsweise den von der Koalition erarbeiteten Entwurf beraten und beschließen.

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