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Berlin: Von Tag zu Tag: Das Fieber steigt

Laut klagen sie, unsere Verkehrspolizisten. Keine Leute, keine Geräte, alles furchtbar.

Laut klagen sie, unsere Verkehrspolizisten. Keine Leute, keine Geräte, alles furchtbar. Steigt die Zahl der Unfälle, wollen sie mehr Personal, sinkt die Zahl, wollen sie erst recht mehr Personal, um ein erneutes Ansteigen zu vermeiden. Schließlich haben sie ja auch den Finanzsenator im Nacken, der jährlich für 100 Millionen Mark Knöllchen produziert sehen will, um all jene Löcher zu stopfen, die die Kraftfahrzeugsteuer lässt. Also stehen die nicht vorhandenen Beamten mit den nicht vorhandenen Radargeräten überall, notfalls auch am Heiligabend auf menschenleeren Ausfallstraßen. Dezemberfieber! Kein Wunder, dass der Steuerzahlerbund von Wegelagerei spricht.

Im Januar ist das Fieber nicht gesunken. Sonntag, Heiligensee, strömender Regen am Vormittag, weit und breit nur ein paar einsame Fußgänger mit Hund, Unfallgefahr null. Auf der Schulzendorfer Straße ist das Tempo auf 30 begrenzt, und zwar wegen der Schlaglöcher. Manchmal wird geflickt, dann darf wieder 50 gefahren werden. Jetzt aber nicht. Zack! sagt das Infrarotblitzlicht, und hundert Meter weiter stehen jene Polizisten, die es nach Gewerkschaftsangaben überhaupt nicht geben dürfte. Zum Zweck eines verkehrserzieherischen Gesprächs? Das wäre lächerlich angesichts einer Überschreitung von exakt gemessenen 9 Stundenkilometern; die Abkassierprozedur erinnert also eher an die Zahlstellen ausländischer Autobahnen, allerdings noch ohne Kreditkartenterminal und festes Häuschen.

Was das denn solle, sonntags im Regen, an einer so unsinnigen Stelle? "Ach", raunt es unter der nassen Dienstmütze hervor, "glauben Sie, wir haben uns das ausgesucht, jetzt hier herumzustehen?" 30 Mark, danke, die Quittung, und schönen Tag noch!

Einen Tag später donnern wieder Schwerlaster trotz Verbots ungerührt die Schulzendorfer Straße hinunter. Bei der Polizei schreiben sie vermutlich gerade Berichte.

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