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Von Tag zu Tag: Geordnet jubeln

Gerd Nowakowski freut sich, dass auch Bürokraten ein Herz haben

Auf die Bürokraten ist Verlass. Kein Ereignis zwischen Geburt und Bestattung ist ihnen zu fremd, kein menschliches Bedürfnis zu unbekannt, um es nicht zu regeln. Glaube niemand, dies gelte nicht auch für die Fußball-Weltmeisterschaft. Während der gemeine Fan nur um Tore barmt und mit dem Schiedsrichter hadert, hat der Bürokrat gedanklich längst die Tiefe des Raums durchmessen. Und in Rechtsform gegossen. Deshalb ist in Berlin selbst das Jubeln genormt. Fünf eng beschriebene Seiten umfasst jedenfalls die Verordnung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz für die Fanmeile vor dem Olympiastadion. Gejubelt werden darf, so heißt es hammerhart, längstens bis 15 Minuten nach Spielende. Dann muss wieder Schluss mit lustig sein. Aber Fans, aufgepasst – mehr als 70 Dezibel Lärm dürfen es nie, nie sein. Offen bleibt nur, ob bei Nichtbeachtung sofort hinter den Büschen versteckte Kontrollettis hervorstürzen und Rote Karten verteilen. Doch auch im regelungswütigsten Bürokraten schlägt ein heißes Herz, wie sich auf der vierten Seite der Lärmverordnung erweist. Auch Lärm ist nämlich nicht Lärm. Spielt Deutschland, dann darf es ein bisschen mehr sein – „die Festlegung eines Immissionswertes von 75 Dezibel ... ergibt sich aus der Beteiligung Deutschlands an den jeweiligen Spielen“.

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