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Von Tag zu Tag: Sei irgendwie!

Bernd Matthies über das brave Resultat einer frechen Kampagne

Das muss man den Erfindern der „be-berlin“-Kampagne lassen: Sie haben mit diesem vermeintlichen Nichts einer Idee die perfekte Blaupause für den Selbstbau geflügelter Worte geschaffen, eine Art Spree-Haiku. Die Berliner Chaoten waren am Thema dran, noch bevor der Senat mehr als das Grundgerüst in die Welt gesetzt hatte: „Sei rebellisch, sei 1. Mai, sei Berlin.“ Klaus Wowereit musste sich gestern von den protestierenden Polizeigewerkschaftlern „Sei unsozial, sei undemokratisch, sei SPD“ anhören und keilte wenig diplomatisch zurück: „Sei Gewerkschafter, sei Querulant, sei Berlin!“

Wir sehen also: Das Muster ist etabliert, es lässt sich schnell und effektvoll nutzen. Doch die offizielle Variante, die gestern vor dem Berliner Rathaus enthüllt wurde, ist so brav, braver geht’s nicht: „Sei einzigartig, sei vielfältig, sei Berlin“. Holpert ein wenig, amüsiert nicht und tut nicht weh. Wowereit sagt – was soll er sagen? – dass Berlin so vielfältig und facettenreich ist, das mache die Stadt einzigartig. Tja. Gähn. Ließe sich das nicht mit gutem Gewissen auch über Hamburg, Cottbus und Ulm behaupten?

Also wird dieser Spruch ein wenig aufregendes Schattendasein als Logo führen überall dort, wo Berlin sich präsentiert. Dafür werden wir mit den nicht amtlich legitimierten Varianten garantiert noch viel Spaß haben, und das nicht erst am nächsten 1. Mai. Sei irgendwie, sei irgendwer, sei …

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