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Berlin: Vor den Neuwahlen: John F. Steffel und die rote Gefahr

Was das Wichtigste sei, auf das er zu achten habe, fragte der frisch gewählte Präsident John F. Kennedy seinen Vorgänger Dwight D.

Was das Wichtigste sei, auf das er zu achten habe, fragte der frisch gewählte Präsident John F. Kennedy seinen Vorgänger Dwight D. Eisenhower bei der Amtsübergabe im Weißen Haus. Die Antwort des alten "Ike" war kurz und bestimmt: "Berlin".

Jetzt ist der Mythos JFK ausgerechnet in Berlin auferstanden und mit ihm die Aura von Aufbruch, Jugend und Hoffnung: Dr. Frank Steffel, der CDU-Spitzenkandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, ist die Reinkarnation der strahlendsten aller amerikanischen Legenden - zumindest in der Wahlkampf-Fantasie von Axel Wallrabenstein, dem Propaganda-Mann der Berliner Union. Der PR-Profi der Werbeagentur Publicis sieht in dem Jungunternehmer aus Reinickendorf "die neue Kraft" für die krisengeschüttelte Hauptstadt. Tatsächlich gleichen sich Steffel und JFK schon äußerlich: die gepflegte Föhnwelle, das pausbäckige Teddygesicht des erfolgsverwöhnten Siegers, die schicken Anzüge ...

Aber der Vergleich zum großen Vorbild weckt auch Erinnerungen an die Schattenseiten der Kennedy-Ära. Und spätestens seit Gregor Gysi am Sonntag seine Kandidatur für die PDS erklärt hat, müssen Steffels Wahlkampftaktiker zusehen, wie sich die Geschichte wiederholt: Jetzt hat Berlin auch noch seinen Fidel Castro.

Alarmstufe Rot im Wahlkampfteam der CDU: Aus der Vision des Aufbruchs mit Dr. John F. Steffel könnte ein echtes Horrorszenario werden, im Hinterhof des befreiten und vereinten Berlins lauert schon wieder die rote Gefahr, Parallelen zur Kuba-Krise drängen sich geradezu auf. Die Bankenkrise und die Schuldenlast des Landes könnten sich für die Stadt zum Vietnam-Trauma ausweiten, wenn nicht bald Hilfe durch den Länderfinanzausgleich kommt.

Am gestrigen Montag übergab Eberhard Diepgen dem neuen Regierenden Bürgermeister Klaus "Chruschtschow" Wowereit die Amtsgeschäfte und händigte ihm zugleich den Schlüssel zum Safe der Senatskanzlei aus. Damit befinden sich das Geheimrezept für die Currywurst, die Pläne für die Notversorgung Berlins aus der Luft und die geheimen Aufzeichnungen General Wencks zur Verteidigung der Reichshauptstadt in den Händen der "Sozialdemokratie" - und damit auch der Kommunisten.

Zum Thema Online Spezial: Machtwechsel in Berlin Doch läuft sich der Wahlkampf erst richtig heiß, ist nicht auszuschließen, dass es zwischen den gegnerischen Lagern zur Eskalation kommt. "Fidel" Gysi und Fraktionschef Harald "Che" Wolf könnten gegen verschärfte Agitation der Union mit Unterstützung Nordkoreas eine Abriegelung ihrer Wahlkreise erwägen. Die wachsende Gruppe der PDS-Opfer und "Exil-Marzahner" formiert sich unterdessen in Miami-Zehlendorf, ihr Anführer Arnulf Baring zollt dem "Maximo Lider" Respekt: "Gysi ist der einzige Mensch, den ich kenne, der mit einem einzigen faulen Apfel einen florierenden Obstladen eröffnen könnte." Die Schüler-Union besetzt das Otto-Suhr-Institut, und während eine Gruppe aus abgewickelten Verfassungs- und Staatsschützern die Invasion in der Schweinebucht als "Operation Marzahn" vorbereitet, haucht "Marilyn" Ariane in einem Bad von Mousse au Chocolat ihren Sommerhit "Happy Birthday, Dr. Steffel". Doch natürlich kann alles auch noch ganz anders kommen. Denn vielleicht überlegt sich Axel Wallrabenstein noch, Frank Steffel auf ein anderes Vorbild umzuschneidern. Auf historische Figuren, denen die Kommis weniger Kopfschmerzen bereiteten: Konrad Adenauer zum Beispiel hatte die Sozen über 20 Jahre fest im Griff.

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