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Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Berlin-Mitte arbeiteten in der Coronakrise 2020 mit Gesichtsschutzschirm.

© dpa / Britta Pedersen

Trotz steigender Corona-Zahlen: Berlins Gesundheitsämtern fehlen 350 Fachkräfte

Kein Berliner Bezirk erfüllt das Plan-Soll an Mitarbeitern. Gesucht werden neben Medizinern und Sozialpädagogen auch Übersetzer und IT-Personal.

In den Berliner Gesundheitsämtern fehlen fast 350 Fachkräfte – und das angesichts steigender Corona-Fallzahlen und einer Flüchtlingskrise, die sich immer deutlicher auch auf Berlin auswirkt. Zu den 350 unbesetzten Stellen kommen wahrscheinlich mindestens 150 Mitarbeiter, die insgesamt in den Gesundheitsämtern krankheitsbedingt fehlen.

Diese Zahlen ergeben sich aus einer Antwort von Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz (Grüne) auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Florian Kluckert, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

Konkret heißt es in der Auflistung des Senats: Von 1987 Soll-Vollzeitstellen in den Gesundheitsämtern der Bezirke waren zum Jahresende 2021 gerade 1639 besetzt. Nach Informationen von mit den Vorgängen vertrauten Beamten ist die Zahl besetzter Posten seitdem nicht gestiegen.

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In bestimmten Gesundheitsämtern – zum Beispiel in Neukölln – fehlt heute sogar mehr Personal als in der Senatsliste angegeben. Das Plan-Soll erfüllt kein Bezirk. So sind in Lichtenberg fast 195 Vollzeitstellen vorgesehen, zuletzt waren weniger als 165 davon besetzt. In Mitte blieben von circa 230 Stellen circa 40 offen, auch in Marzahn-Hellersdorf waren zuletzt mehr als 40 von 160 Stellen unbesetzt.

Sämtliche Personalakten müssten händisch ausgewertet werden

Senatsantwort auf FDP-Frage zum Krankenstand in den Gesundheitsämtern

In Neukölln wiederum sind seit dem Streit zwischen Gesundheitsstadträtin Mirjam Blumenthal (SPD) und Noch-Amtsarzt Nicolai Savaskan von circa 170 Stellen 25 unbesetzt – dort kündigten wie berichtet insbesondere Fachkräfte des sozialpsychiatrischen Dienstes. Gesucht werden fast überall neben Medizinern, Verwaltungskräften und Sozialpädagogen auch Übersetzer sowie IT-Fachleute.

FDP-Gesundheitsexperte Kluckert hatte den Senat auch gefragt, wie hoch der der Krankenstand in den Gesundheitsämtern ist. Viele Bezirke meldeten dem Senat, dass Angaben über die Ausfallquoten aus der „integrierten Personalverwaltung“, also dem digitalen System „rechtlich nicht möglich“ seien, daher „sämtliche Personalakten händisch ausgewertet werden müssten“ – wozu man sich offenbar nicht in der Lage sah.

Für die Opposition im Abgeordnetenhaus ist schon das ein Zeichen, dass die Gesundheitsämter nicht nur personell, sondern auch technisch und datenschutzrechtlich modernisiert werden müssten, wie es FDP-Mann Kluckert ausdrückte.

In Krankenhäusern erhalten Ärzte mehr Geld

Der übliche Krankenstand lässt sich dennoch einschätzen, er dürfte stadtweit im Schnitt bei zehn Prozent liegen. So gibt Treptow-Köpenick für Mitte Oktober einen Krankenstand von 12,5 Prozent an, in Charlottenburg-Wilmersdorf wiederum gab es im Juni dieses Jahres eine „Gesundheitsquote“ von knapp 91 Prozent und in Friedrichshain-Kreuzberg gibt es dem Senatsschreiben zufolge derzeit fünf „langfristig Erkrankte“ und 23 „kurzfristig Erkrankte“.

Die Gesundheitsämter sollten schon vom rot-rot-grünen Vorgängersenat aufgerüstet werden, damals waren sogar 500 Stellen unbesetzt. Auch die Ärztekammer, der alle zugelassenen Mediziner angehören müssen, hatte wie berichtet die Lage in den Ämtern anlässlich des Streits um den geschassten Neuköllner Amtsarzt Savaskan kritisiert.

„Die Entwicklungen in Neukölln sind Ausdruck der desolaten Situation vieler Gesundheitsämter in ganz Berlin“, sagte Berlins Ärztekammer-Präsident Peter Bobbert vor einigen Tagen. Von etwa 320 Arztstellen in den Ämtern Berlins seien 60 nicht besetzt, die Bezirke müssten bessere Arbeitsbedingungen und Gehälter bieten.

In Krankenhäusern erhalten Ärzte bis zu 1000 Euro brutto mehr im Monat – und dies, obwohl Mediziner inzwischen höher in die Tarife des Landes eingruppiert werden als noch vor wenigen Jahren üblich war. Die Ärzte empören sich zudem darüber, dass in einigen Gesundheitsämtern kein Mediziner mehr an der Spitze stehen soll, sondern ein Verwaltungsexperte.

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