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Einsatzkräfte bekämpften das Großfeuer bei Jüterbog seit vergangenem Dienstag. Doch die Gefahr der Glutnester bleibt bestehen.

© imago images / A. Friedrichs

Waldbrände in Brandenburg: „Ein neuer Wald ist eine Aufgabe von Generationen“

Viele Hektar Forst sind vernichtet. Auch wenn die Brände nun unter Kontrolle sind, gibt es keine Entwarnung. Hitze und Ängste bleiben – und kritische Fragen.

Von Sandra Dassler

Am Pfingstmontag um die Mittagszeit ist es noch ruhig. Jedenfalls sind dem Brandschutzbeauftragten des brandenburgischen Forstbetriebes Raimund Engel bis dahin noch keine neu ausgebrochenen Feuer gemeldet worden. Trotzdem kann er nur müde lächeln, wenn er gefragt wird, wie es weiter geht und wann die Wälder aufgeholzt werden.

Zerstört wurde eine Fläche von rund 1000 Fußballfeldern

„Das ist eine Aufgabe von Generationen“, sagt er dann: „Im kargen märkischen Sandboden sind ja nun keine Nährstoffe mehr. Die Wiederaufforstung, die auch mit einem Waldumbau verbunden ist, wird viele Jahrzehnte dauern.“ Der Großbrand bei Jüterbog hat Wald auf mehr als 750 Hektar vernichtet, das entspricht der Fläche von 1000 Fußballfeldern.

Im übrigen sei es noch zu früh, um Entwarnung zu geben, sagt Engel: „Wir haben ja erst den 10. Juni und selbst am Pfingstwochenende hatten wir noch jede Menge kleinerer Brände.“ So waren etwa in Alt-Döbern (Landkreis Oberspreewald-Lausitz), Luckau-Duben und Märkische Heide-Leibchel (alle drei Landkreis Dahme-Spreewald) Feuer ausgebrochen. In Baruth (Teltow-Fläming) fiel am Pfingstsonntag wieder mal ein ganzer Hektar Wald den Flammen zum Opfer.

In den Leitstellen ist man verhalten optimistisch

Während auf dem Gelände des Großfeuers in Jüterbog noch Restlöscharbeiten im Gang sind und dort, wo keine Kampfmittel lagern, der Boden zu 1,20 Meter breiten Brandschutzstreifen durchpflügt wird, ist man in den Leitstellen des Landes nur verhalten optimistisch.

Schließlich hat vor allem der Süden nur wenig Regen abbekommen und dort kletterten die Temperaturen bereits am Pfingstmontag wieder auf oder über schwülheiße 30 Grad. Mindestens bis Wochenmitte soll das so weitergehen. Dann könnten wieder Gewitter örtlich Abkühlung bringen, sommerlich warm soll es aber weiterhin bleiben.

Chemische Gefahrstoffe waren nicht nachweisbar

Die Hitze schürt offenbar nicht nur die Feuer, sondern auch die Ängste vieler Menschen. So gab es, wie berichtet, vergangene Woche Spekulationen über uranangereicherte Munition auf dem Brandgelände bei Jüterbog. Ein Sprecher des Kampfmittelbeseitigungsdienst schloss das später aus. Auch der Einsatz der Analytischen TaskForce des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe brachte keine besorgniserregenden Ergebnisse. Ein Messwagen, der über ein Fernerkennungssystem chemische Gefahren ausmachen kann, war den nördlichen Waldrand abgefahren. Chemische Gefahrstoffe konnte er nicht nachweisen.

Bis zum bitteren Ende. Feuerwehrleute bekämpfen im Wald die letzten Glutnester.
Bis zum bitteren Ende. Feuerwehrleute bekämpfen im Wald die letzten Glutnester.

© dpa, Julian Stähle

Auf Anfrage des Tagesspiegels hat das Potsdamer Umweltministerium jetzt auch Vorwürfe zurückgewiesen, wonach der umstrittene Einsatz von Insektiziden vor wenigen Wochen die Gesundheit von Feuerwehrleuten und Bevölkerung gefährde. Die Vorwürfe waren unter anderem in sozialen Medien erhoben worden Aber auch Tagesspiegel-Nutzer fragten nach, ob der im Mai durchgeführte Einsatz von Insektiziden gegen den Kiefernschädling „Nonne“, der ganze Wälder zu vernichten drohte, nicht schlimme Folgen im Fall eines Waldbrandes haben könnte.

Kritiker fürchten, das Insektizid könnte im Feuer Dioxine bilden

Wie berichtet, hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Einsatz von „Karate Forst flüssig" über Kiefern in Potsdam-Mittelmark in zweiter Instanz gestoppt. Damit war einer Beschwerde des Naturschutzbundes Nabu stattgegeben worden. Kritiker befürchten nun, dass der in „Karate Forst“ enthaltene Wirkstoff Lambda- Cyhalothrin bei Waldbränden Dioxine bilden könne.

„Das Mittel wird in stark verdünnter Form ausgebracht“, sagt der Sprecher des Umweltministeriums Jens-Uwe Schade: „Dabei kommen gerade mal 7,5 Gramm Aktivwirkstoff oder 75 Milliliter in 300 Liter Wasser auf einen Hektar. Die Gefahr durch das Mittel dürfte also kaum gegeben sein.“ Man habe aber die Firma Syngenta, die „Karate Forst“ vertreibt, um ein Statement gebeten. Die Firma teilte inzwischen mit, dass ihre Produkt- und Wirkstoffexperten die Frage geprüft hätten. Ergebnis: „Gemäß der Strukturformel kann keine relevante Bildung von Dioxinen durch Verbrennung des Wirkstoffs Lambda-Cyhalothrin entstehen. Auch die anderen Stoffe der Produkt-Formulierung sind nicht als Dioxinbildner geeignet.“

Der Waldumbau geht vielen nicht rasch genug voran

Ob sich die Kritiker der Forstwirtschaft damit zufrieden geben, bleibt abzuwarten. Viele äußern auch Unverständnis, dass der Waldumbau nicht schneller vorangeht. „Die sollen sich mal unsere Böden hier ansehen“, sagt Raimund Engel: „Die Trockenheit macht auch Neu–Anpflanzungen problematisch.“ Vielleicht werde man auf den abgebrannten Flächen erstmal einen „Vorwald“ aus Birken und Weiden anlegen. Nach etwa 30 Jahren gebe es dann genug Nährstoffe für größere Bäume. Bis die in den Himmel gewachsen seien, dauere es aber wieder etwa 100 Jahre. Generationen eben.

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