zum Hauptinhalt
Verregnet. Der Winter zeigt sich bislang recht feucht und mild. Aber das ändert sich nun.

© dpa

Warten auf den Winter: Die Sonne zeigte sich bisher nur sechs Minuten

Meteorologen sagen: Es wird endlich hell – und eisig. Das Jahr begann in Berlin tiefgrau. Jetzt soll es weiß weitergehen.

Sonne in Berlin? Das hat es in diesem Jahr noch nicht gegeben: Heute ist Tag elf, an dem graue Wolken die Stadt bedecken wie ein Vorhang vor dem Fenster. Aber am Freitag soll die Tristesse ein Ende haben, prophezeit Jörg Riemann vom Wetterdienst Meteogroup. Dann wird das Wetter völlig anders als bisher.

Bisher, das bedeutete für die meisten Berliner Wetterstationen 0,1 Sonnenstunden seit dem Jahreswechsel. Sechs Minuten also – gerade lange genug, um der Sonne ein frohes neues Jahr zu wünschen, bevor sie wieder verschwand. Allein in Schönefeld dauerte der Lichtblick etwas länger: 0,2 Sonnenstunden, also eine knappe Viertelstunde, registrierte der „Sonnenautograph“ dort. Der funktioniert nach demselben Prinzip wie ein uralter Lausbubenstreich, berichtet der Meteorologe: Eine konvexe Linse bündelt das Licht. Sobald die Sonne scheint, brennt die Strahlung eine Spur auf ein Blatt Papier. Das konnten die Wetterfrösche in den vergangenen Tagen also mehrfach wiederverwenden.

Seit 1951 wird die Sonnenscheindauer in Dahlem gemessen. Im langjährigen Mittel stehen uns im Januar 45 Sonnenstunden zu. Die bisher längste Tristesse stammt aus dem Januar 2010, als es 15 Tage völlig trübe blieb. Der 16. Tag brachte ebenfalls einen kurzen lichten Moment, und am 18. Tag riss die Wolkendecke wirklich auf. Dasselbe steht am Freitag und am Wochenende bevor – aber bei stetig sinkenden Temperaturen: Nachdem das Thermometer im Laufe des Donnerstags von fünf Grad allmählich sinken wird, sind Freitag nur noch knapp über null drin. Das entspreche dem Durchschnittswert für Mitte Januar, betont Riemann. Am Wochenende soll es weiter abwärts gehen in Richtung Dauerfrost, der sich am Montag noch verschärft: Höchstens minus drei Grad am Tag erwarten die Meteorologen dann. Wenn nachts die Wolkendecke aufreißt, rauscht das Thermometer gleich weiter runter bis minus zehn, sofern Schnee liegt. Am Wochenende soll „ein Hauch“ davon kommen, und nächste Woche auch etwas mehr. Und in der Woche darauf könnte es sogar noch kälter werden. Ein Déjà-vu nach dem vergangenen Winter, der ebenfalls grau und mild begann, bevor Ende Januar beinahe neue Kälterekorde erreicht wurden. „Die Zeit vom 20. Januar bis etwa 7. Februar ist auch statistisch die kälteste in Berlin“, sagt Riemann. Das eisige Spiegelbild der „Hundstage“ im August – nur ohne einen vergleichbar eingängigen Namen im Volksmund.

Dass mit der Kälte die Trübsal verschwindet, beruht nach Auskunft von Riemann auf physikalischen Kuriositäten: Kältere Luft kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen als wärmere. Deshalb bilden sich einerseits an kühlen Tagen Wolken oder Nebel aus kondensierenden Tröpfchen. Andererseits kehrt sich dieser Effekt bei etwa null Grad um: In sehr frostiger Luft reicht die verbliebene Feuchtigkeit kaum noch zur Bildung dicker Wolken oder Nebelschwaden. Stattdessen kristallisiert sie relativ schnell zu Schneeflocken. Deshalb schneit es bei strengem Frost auch aus scheinbar federleichten Wolken leicht – oder bei extremer Kälte ab etwa minus 20 Grad auch aus bei blauem Himmel. „Polarschnee“ nennen Meteorologen dieses Phänomen.

Hobbygärtner werden froh sein, wenn sich vor der ganz großen Kälte eine schützende Schneedecke auf die Pflanzen legt. Schließlich isoliert sie den Boden von der eisigen Luft. Nach oben hin aber befördert sie die Abkühlung – vor allem in klaren Nächten. „Dann wird die Kälte vor Ort produziert und muss nicht erst irgendwo herkommen“, sagt Riemann. Das gilt aber erst nach der Wetterumstellung: Den Anfang macht eine Winddrehung, die den Nachschub milder Luft vom Atlantik abschneidet und stattdessen Frostluft aus Skandinavien zu uns bläst. In den Tagen danach wird die Luft dann eher weiter aus dem Osten kommen, wo bekanntlich Sibirien liegt, das seit Wochen unter unvorstellbarer Kälte ächzt.

All das lässt für Berlin ungemütliche Zeiten erwarten. Die BSR wird ihre Tausalzlager anzapfen müssen – und die Umweltverwaltung des Senats erinnert die Bürger vorsorglich daran, dass Streusalz für den Privatgebrauch streng verboten ist, weil es die Straßenbäume vergiftet. Ein Ende des Wintereinbruchs sehen die Meteorologen nicht ab. Jörg Riemann von Meteogroup kann nur garantieren, dass es ab Mitte Februar wieder einen Tick milder wird, weil die Sonne dann schon mehr Kraft hat. Das ist so sicher wie der nächste Frühling.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false