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Kleiner Handel. Auf Flohmärkten wie hier auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain lernen Kinder, wie man Geschäfte macht.

© Kai-Uwe Heinrich

Was macht die Familie?: Sommerschlussverkauf auf dem Spielplatz

Unsere achtjährige Tochter hat ihre alten Sachen verkauft - und dabei ein gutes Geschäft gemacht. Jetzt steht sie vor der Frage, wie sie ihr Vermögen anlegen soll.

Lagerräumung im Kinderzimmer. In acht Lebensjahren sammelt sich einiges an. Greta will Platz schaffen. Mit zwei prall gefüllten Tüten, einer Decke und ihrem Freund Anton im Schlepptau macht sich unsere Tochter auf den Weg zum Sommerschlussverkauf auf dem Spielplatz. Vor einer Sitzbank richten die beiden ihre Verkaufsfläche ein. Ein Dutzend Kinderbücher, Pixihefte, ein Barbie-Camper mit Puppen und Pferden, zwei Garnituren Faschingskleider (ein Piratenkostüm mit Schwert, ein Hexenkleid ohne Hut), eine große Schar Schleichtiere werden dekorativ platziert. Für den ersten Auftritt in Berlins Geschäftswelt sieht alles sehr professionell aus.

Dann beginnt die Mühe, sich auf dem Markt zu behaupten. Es ist Sonntagvormittag und bewölkt, der Spielplatz ist leer, keine Kundschaft. Eine Geduldsprobe. Greta und Anton nutzen die Wartezeit, um ausführlich die Preispolitik zu erörtern, die Warenauslage unter ästhetischen und verkaufspsychologischen Gesichtspunkten mehrfach umzugestalten – bis die Mama zum Mittagessen ruft. Alles einpacken und zu Tisch.

Ein Großkunde bringt das Geschäft in Schwung

Vom schwachen Handelsauftakt hat sich Greta keineswegs entmutigen lassen. Kaum ist der Nachtisch vertilgt, geht es mit Sack und Pack (und Geschäftspartner Anton) wieder raus. Akribisch wird der Verkaufsstand rekonstruiert. Der Ehrgeiz wird belohnt. Nachbar Liviu möchte für seine zweijährige Tochter alle Schleichtiere auf einmal kaufen. Ein Großkunde! Wie viel Greta denn dafür haben möchte. „20 Euro“, schlägt sie vor. Das sei viel zu wenig, meint Liviu – und bietet 50. Ein großzügiger Großkunde!

Mit dem Sonntagnachmittagspublikum kommt das Geschäft in Schwung. Drei Bücher für fünf, zwei Pixis für einen, ein Lernspiel für zwei Euro, auch das Barbie-Mobil findet eine Abnehmerin. Greta macht Kasse und bilanziert 95 Euro, Kompagnon Anton bekommt fünf Euro Gewinnbeteiligung – und wird von Greta zum Eis eingeladen.

Aber was fängt man mit dem Rest des Vermögens an? "Ich könnte mir neue Inlineskates kaufen", überlegt Greta. "Oder ein Handy!" – "Kommt nicht in Frage", sage ich. "Das hat noch Zeit. Sonst wirst du genauso schnell süchtig, wie deine große Schwester. Da kannst du dein Geld lieber sparen."

Die Idee, ihr Kapital anzulegen, findet Greta gut, nachdem ich ihr erklärt habe, dass sich das Geld auf der Bank vermehrt – auch dank Eltern und Großeltern. Kinder sind die größten Sparer im Land. Fast ein Drittel ihres Geldes legen sie zurück. Die Sparquote von Erwachsenen liegt gerade mal bei elf Prozent. Hochrechnungen zufolge haben die rund sechs Millionen Kinder zwischen sechs und 13 Jahren in Deutschland zusammen 2,42 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Sie ahnen nicht, dass die Inflation wegen der niedrigen Zinsen stetig an ihrem Vermögen nagt.

Trotzdem fahre ich mit Greta wenige Tage später nach der Schule zur Bank, um ein Sparkonto für sie zu eröffnen. Wir stehen vor verschlossenen Türen, die Bank macht schon um 16 Uhr zu. "Wegen Reichtum geschlossen", murmele ich. Greta sieht mich verständnislos an. Wir retten noch ein paar Euro, bevor sie in der Inflation dahinschmelzen, und gehen ein Eis essen.

Auf dem Trödelmarkt auf dem Gelände der Ufa-Fabrik (Viktoriastraße 31, Tempelhof) können Kinder am Sonntag, 5. Juli, von 11 bis 14 Uhr wieder ihren Geschäftssinn schulen, Anmeldung Di. 10-14 oder Do. 14-18 Uhr unter Tel. 75 50 31 22, Infos unter nusz.de. Ebenfalls am 5. Juli gibt es den Kinder- und Familienflohmarkt der Caritas in der Pfalzburger Str. 18 (Wilmersdorf), Anmeldung unter Tel. 863 90 94 37 oder per E-Mail kontakt@flohmarktvsg.de

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