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Kinder sind neugierig. Deshalb kann Radiohören (hier ein Symbolbild) das Wissen erweitern - aber auch nicht immer.

© Boris Geilert/ dpa

Was macht die Familie?: Sprüche aus dem Radio nachplappern

Ob Jesus oder Conchita Wurst, Grexit oder Werbesprüche von Markendiscountern. In der heutigen Familienkolumne beschreibt unsere Redakteurin, wie ihre fünfjährige Tochter das Radiohören für sich entdeckt hat.

Meine Tochter und ich haben seit Längerem ein Morgenritual. Da meine Fünfjährige früh wach ist, geht sie vor die Tür und bringt mir den Tagesspiegel ans Bett. Ich finde, (Medien-)Erziehung kann gar nicht früh genug beginnen. Und was bietet sich besser an, über Aktuelles aus der Welt zu reden, als das Aufmacher-Bild auf der Titelseite?

Mit drei Jahren erkannte sie deshalb Angela Merkel wieder – allerdings nicht nur in der Zeitung, sondern auch auf den Wahlplakaten, was sie dann lautstark kundtat: Für mein Empfinden etwas zu häufig und zu laut. Und eines Tages, es war im Mai 2014, stand sie ehrfürchtig mit der Zeitung vor mir und sagt: „Mama, schau mal: Jesus!“ Ich gucke: Conchita Wurst. Es war der Tag nach dem European-Song-Contest.

Mittlerweile ist die Zeitung nicht mehr ganz so interessant. Meine Tochter schaltet seit ein paar Monaten gleich nach dem Aufwachen in ihrem Zimmer ihren Lieblingssender „Radio Teddy“ ein. Das ist einerseits praktisch, denn so erfährt das Kind nicht nur, wie Werder Bremen gespielt hat, sondern während des Besuchs von Königin Elizabeth auch, was es mit der St.-Edwards-Krone auf sich hat, oder wie es im Vorjahr Alexander Gerst auf der Raumstation ISS ergangen ist. Und sie kann mir den Grexit erklären: „Wir können weiter mit Euro bezahlen auf Korfu, alles in Ordnung, sagt Angela.“

Andererseits übernimmt sie die Sprachphrasen der Moderatoren: „Mama, morgen zeigt sich in der Region die Sonne – also Sonnencreme nicht vergessen.“ Als ich kürzlich beim Fahrradfahren sagte, wir müssen noch einkaufen gehen, rief sie mir zu: „Ja. Netto, Markendiscount“ und „Lidl lohnt sich“. Ich war irritiert. Eine befreundete Mutter erzählte, ihre Tochter, so alt wie meine, spreche nur noch in der Tonlage der Disney-Synchronstimmen, und wenn sie, die Mutter, nicht aufpasse, übernehme auch sie diese. Dann sprächen beide in hohen, affektierten Stimmen – ganz furchtbar.

Wir müssen die Radiozeit dringend etwas reduzieren, das wurde mir spätestens klar, als meine Tochter fast fremde Leute auf der Straße mit „Hallöchen Popöchen“ begrüßte.

„Radio Teddy – das Kinderradio für die ganze Familie“ ist in Berlin und Brandenburg auf der UKW-Frequenz 90,2 zu empfangen. Den Tagesspiegel zu abonnieren, lohnt sich sowieso – ob gedruckt oder als E-Paper.

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