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Landwehrkanal überall: Mit einem neuen Antrag will Rot-Rot-Grün den Berliner:innen überall den Zugang zum Wasser sichern.

© Michele Tantussi/Reuters

Wasserzugang für Jedermann: Rot-Rot-Grün will überall in Berlin freie Ufer

Die Regierungskoalition fordert in einem Antrag Wasserzugang für alle Berliner:innen. Die Opposition wittert neue Enteignungswünsche.

Frei zugängliche Ufer für alle in Berlin: Die rot-rot-grüne Koalition hat einen Antrag ins Plenum des Abgeordnetenhauses eingebracht, in dem der Senat aufgefordert wird, "sicherzustellen, dass alle Ufer der Berliner Gewässer grundsätzlich öffentlich zugänglich sind und so naturnah wie möglich gestaltet werden".

Der Antrag ist schon seit mehr als einem Jahr in der Mache und hat, wie die Reden der Koalitionsabgeordneten am Donnerstag im Plenum verdeutlichten, seither noch ein gewichtiges Argument dazugewonnen. „In den Monaten der Pandemie ist sehr deutlich geworden, wie wichtig öffentlich zugängliche Uferwege und Erholungsflächen am Wasser sind", sagte Daniel Buchholz, SPD-Fraktionssprecher für Stadtentwicklung, zu dem Antrag.

Auch seine Ressortkollegin Daniela Billig von den Grünen wies darauf hin, dass Medienberichte über Lockerungen der Pandemiemaßnahmen als erste Assoziation mit Aufnahmen von Berliner Strandbars illustriert würden. Der Charakter Berlins sei vor allem durch seine Gewässer geprägt – "Spree, Havel, Dahme, Panke sowie viele weitere Gewässer, Kanäle und unzählige Seen", so Billig. "Und gerade jetzt im Jahr 2021 gibt es nun wirklich keinen vernünftigen Grund, diese für uns so wertvollen Uferflächen zu privatisieren und der Allgemeinheit zu entziehen."

Das Ziel der Koalition sei es, dass die Berliner irgendwann "von Köpenick bis Spandau" am Wasser entlangwandern können. Der Antrag fordert deshalb unter anderem vom Senat die Erstellung einer vollständigen Uferwegekarte für Berlin. In Zusammenarbeit mit den Bezirken sollten Uferwegekonzepte erstellt werden, bereits freie Uferwege müssten mit Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen gesichert werden. Der Antrag sieht etwa vor, dass in Zukunft erst in zehn Metern Abstand zum Wasser gebaut werden darf.

Geh- und Wegerechte für die Öffentlichkeit will Rot-Rot-Grün bei Grundstücken am Wasser ins Grundbuch eintragen lassen. Eine Maßnahme, die sich auch gegen Immobilienspekulation richtet: "Immobilien am Wasser kosten doppelt so viel wie etwas weiter landeinwärts. Für Investoren ist die Versuchung groß, maximale Rendite durch private Uferzugänge zu erzielen und gegen öffentliche Uferwege mit allen rechtlichen Mitteln vorzugehen – oder wenigstens einen privaten Bootsanleger durchzusetzen", heißt es in der Begründung des Antrags. Private Anlegestellen sollten deshalb nicht nur ökologischen Gründen "künftig unterbunden werden", sondern auch, weil sie genutzt werden könnten, um Immobilienpreise in die Höhe zu treiben.

CDU und FDP kritisieren Enteignungsmöglichkeiten

Die Opposition kritisierte den Antrag am Donnerstag im Abgeordnetenhaus als zu weitreichend. Jedermann Zugang zu wirklich allen Berliner Ufern zu verschaffen "wird uns nicht gelingen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Stefan Evers. Ziel müsse vielmehr sein, "überall in der Stadt einen angemessenen Anteil an öffentlich zugänglichen Uferflächen zu haben, da haben Sie uns hundertprozentig an Ihrer Seite".

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Evers warnte auch vor Enteignungsszenarien. Das Wort selbst kommt in der Fassung des Antrags, die die Koalition nun eingebracht hat, zwar anders als in den Planungen nicht vor. Allerdings ist die Rede davon, "alle Instrumente des Baugesetzbuchs zu prüfen und bei Bedarf konsequent anzuwenden" –und zu diesen Instrumenten gehört, wie auch der SPD-Abgeordnete Buchholz in seiner Rede anmerkte, auch die Enteignung.

Diese kritisierte auch Stefan Förster, FDP-Sprecher für Bauen und Wohnen, als "unnötige Eskalation". Rot-Rot-Grün solle sich lieber erst mal um "völlig verwilderte" Ufer in Landeseigentum kümmern. "Anstatt die landeseigenen Flächen erst einmal begehbar zu machen, sollen private Eigentümer im Ergebnis enteignet werden – auch Firmen, die den Wasserzugang benötigen", sagte Förster. Das sei "mit der FDP nicht zu machen".

Der Antrag wird zunächst in den zuständigen Ausschüssen des Abgeordnetenhauses beraten. Laut Daniel Buchholz, der maßgeblich dafür gesorgt hatte, dass der Antrag nach der langen Bearbeitungszeit nun doch noch ins Plenum eingebracht wurde, könnte er dann schon in vier Wochen beschlossen werden.

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