Weihnachtsbräuche: Tanne ohne Spitze
Berlin hatte mit den auf seinen Vorzeigeplätzen aufgestellten Christbäumen schon viel Pech. Jetzt traf es Spandau. Eine Glosse
Berlin ist nicht New York, der Breitscheidplatz nicht die Lower Plaza am Rockefeller Center, man muss sich also nicht darüber wundern, dass der alljährlich dort aufgestellte Weihnachtsbaum nie die ikonografische Stattlichkeit des in Manhattan üblichen Exemplars erreicht. Die diesmal aus Biesdorf nach Charlottenburg transportierte Nordlandtanne ist sogar überaus in Ordnung, da haben wir schon ganz anderes erlebt: Kümmerlinge, die umgehend an die Elefanten verfüttert wurden, ein von zwei Kirchenstörern um seine Spitze beraubter Baum, ein von Künstlern ersonnener „Traffic Tree“, in dem künstlerisch weniger versierte Betrachter nur einen Schrottbaum zu erkennen vermochten.
Von all dem sind wir in Berlin verschont geblieben, dafür traf es Spandau. Auch dort steht nun solch ein nadelnder Vorbote des Weihnachtsfests, mitten in der Altstadt, auf dem Markt, aber man kann nicht sagen, dass die saisonale Dekoration dort auf die Spitze getrieben worden wäre. Ja, der Betrachter fragt sich angesichts des immergrünen Kegels, was denn mit seiner Spitze geschehen sei: Eine Laune der Natur, die man als Naturfreund still zu ertragen habe? Eine Panne wie einst auf dem Ernst-Reuter-Platz, als die dort vorgesehene Tanne beim Aufstellen entzwei brach und auch durch Metallschienen nicht repariert werden konnte? Ein Kupieren aus ästhetischen Gründen? Bei Hunden längst verboten.
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