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Berlin: "Wie ein bewegtes Meer in der Sonne"

Peter Eisenman hat gestern in Berlin seine aktuelle Konzeption für das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas erläutert. Die 2700 Stelen sollen jetzt definitiv aus Beton gefertigt werden, sagte Eisenman dem Tagesspiegel.

Peter Eisenman hat gestern in Berlin seine aktuelle Konzeption für das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas erläutert. Die 2700 Stelen sollen jetzt definitiv aus Beton gefertigt werden, sagte Eisenman dem Tagesspiegel. Er habe sich für einen Guss entschieden, der die Oberseiten der bis zu vier Meter hohen Stelen "in der Sonne hell aussehen lasse" und die Seiten dunkler. Von oben betrachtet könne das Stelenfeld so den Eindruck einer bewegten Meeresoberfläche erzeugen. Die Aufregung um die Schiefer-Proben, die er auf dem Mahnmalgelände am Brandenburger Tor hatte aufstellen lassen, kann der Architekt nicht nachvollziehen. Dabei sei es lediglich darum gegangen, einen sowohl "neutralen" als auch wetterunempfindlichen Stein zu finden.

Die Schiefer-Blöcke, so Eisenman, hätten beide Anforderungen erfüllt - und wären der ästhetischen Qualität von Beton sehr nahe gekommen. Eine inhaltliche Botschaft verfolge er weder mit Beton noch mit der nunmehr verworfenen Naturstein-Variante. Ein Feld verschieden hoher grauer Stelen "ohne Anfang und ohne Ende, ohne Eingang und ohne Ausgang" sei geeignet, einen Raum zu erzeugen, in dem sich der Besucher "verloren" verkomme. Damit möchte Eisenman einen "bleibenden Eindruck in der Psyche" hervorrufen, etwas anderes als die Schuldgefühle, die ein Besuch in einer KZ-Gedenkstätte erzeuge.

Das Argument von Schiefer-Gegnern aus dem Förderkreis für das Mahnmal, nur Beton symbolisiere den industriellen Charakter des Holocausts, hält Eisenman für gegenstandslos. Im Übrigen habe er im vergangenen Jahr sechs Monate lang über alle möglichen Materialien nachgedacht. So habe ihm eine deutsche Firma kostenlos Granit angeboten und auf dem chinesischen Markt sei Marmor zur Zeit sehr günstig zu haben. Beide Angebote habe er abgelehnt. Auf keinen Fall, so Eisenman, sollten die Stelen an Grabsteine erinnern.

Nun also doch Beton. Bei den vier Meter hohen dunkelgrauen Probestelen auf dem Mahnmalsgelände handelt es sich um Prototypen, die dem Endstadium schon sehr nahe kämen. Experimentiert wird noch mit einer "unsichtbaren Schutzschicht", die das Austreten von Salzen aus dem Beton verhindern soll. Außerdem geht Eisenman davon aus, dass die Stiftung für das Mahnmal einen Anti-Graffiti-Anstrich wünscht. Diese Feinheiten aber würden den für dieses Frühjahr geplanten Baubeginn nicht weiter hinauszögern, sagte der Architekt. Er gehe davon aus, dass das Stelenfeld wie geplant am 27. Januar 2004 eröffnet werden könne, also am deutschen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Der unter dem Stelenfeld gelegene "Ort der Information" werde vermutlich etwas später eröffnet.

Bei der gestrigen Sitzung des Stiftungs-Kuratoriums stellte Eisenman weitere Details der Bauplanung auf dem Gelände vor: So soll der Boden zwischen den Stelen mit in Sand gebetteten Betonquadern gepflastert werden. Außerdem wollte Eisenman seine Entwürfe für die Baumpflanzungen am Rande des Geländes und für die Gehwege vorstellen. "Kleinkram also", fasste Eisenman zusammen. Ursprünglich wollte der Architekt gestern eine Konzeption für Schiefer-Stelen vorstellen. Diese hatte er aber nach Berichten im Tagesspiegel und in anderen Zeitungen zurückgezogen.

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