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Berlin: Wirtschaftsverwaltung lässt Projekt zur Ausbildung arbeitsloser Jugendlicher für die IT-Branche fallen

Während die Green Card dem Mangel an Fachkräften für die deutsche Hightech-Industrien abhelfen soll, hat die Wirtschaftsverwaltung unter Wolfgang Branoner (CDU) nach einem Bericht des heute erscheinenden Wirtschaftsmagazins ECONY bereits im Februar ein für deutsche Verhältnisse einzigartiges Fortbildungsprojekt für arbeitslose Jugendliche auslaufen lassen, weil es angeblich "nicht voll ausgelastet" war."Cornucopia" (Füllhorn) hieß das zusammen mit 15 Berliner Multimediafirmen entwickelte Modell einer Public-Private-Partnership.

Während die Green Card dem Mangel an Fachkräften für die deutsche Hightech-Industrien abhelfen soll, hat die Wirtschaftsverwaltung unter Wolfgang Branoner (CDU) nach einem Bericht des heute erscheinenden Wirtschaftsmagazins ECONY bereits im Februar ein für deutsche Verhältnisse einzigartiges Fortbildungsprojekt für arbeitslose Jugendliche auslaufen lassen, weil es angeblich "nicht voll ausgelastet" war.

"Cornucopia" (Füllhorn) hieß das zusammen mit 15 Berliner Multimediafirmen entwickelte Modell einer Public-Private-Partnership. Es wurde vor einem Jahr unter großem Beifall gestartet und mit insgesamt rund 2 Millionen Mark aus den Etats der Arbeitsverwaltung, der Wirtschaftsverwaltung, des Landesarbeitsamtes sowie einer Sachspende von IBM unterstützt. IHK, Deutscher Multimedia Verband und die D 21-Initiative der Industrie begleiteten das Vorhaben. 21 jugendliche Arbeitslose mit und ohne Abitur wurden 12 Monate zu internetfähigen Online-Producern ausgebildet. Heute haben die meisten einen Arbeitsplatz.

Clou des an der Schlesischen Straße in Kreuzberg beheimateten "Lernunternehmens", so die Initiatorin, die Berliner Ökonomieprofessorin Brigitte Stieler-Lorenz, war neben der Vermittlung von Praktikumsplätzen in den beteiligten Firmen, der jederzeitige Zugriff der Trainees, Tag und Nacht und auch am Wochenende, auf die von IBM gesponserten Geräte. "Wir wollten eine Flexibilität trainieren, wie sie in Berufen mit Zukunft und auch von den Jugendlichen selbst gefordert wird", so Stieler-Lorenz. An zwei Tagen in der Woche kamen zudem praxiserfahrene Dozenten aus den beteiligten Unternehmen zu "Cornucopia".

Im Dezember 99 teilte die Wirtschaftsverwaltung nach Angaben von ECONY dem Betreiber dann überraschend mit, "dass die derzeitige Auslastung des Trainingscenters nicht mit den Zuwendungsvoraussetzungen im Einklang steht, da eine Nutzung an lediglich zwei Tagen in der Woche (...) weder wirtschaftlich noch vertretbar ist und auch mit den subventionserheblichen antragsbegründenden Ausführungen nicht übereinstimmt". Dabei hätte das Projekt die Wirtschaftsverwaltung in diesem Jahr nicht einen Pfennig mehr gekostet. IBM-Deutschland-Chef Erwin Staudt: "Wir sind sehr enttäuscht und hätten erwartet, dass insbesondere der Wirtschaftssenator einem solchen Projekt aufgeschlossener gegenübersteht".

Dabei hatte die Arbeitssenatorin bereits im vergangenen Jahr angekündigt, das Projekt in einer "zweiten Etappe insbesondere für Frauen" weiter zu unterstützen. Allein die Zustimmung der Wirtschaftsverwaltung blieb aus. Nachdem ein Brief Staudts an den Wirtschaftssenator ("Ich bitte Sie, die Entscheidung Ihrer Verwaltung nochmals zu überprüfen.") lange Zeit unbeantwortet blieb, ließ Branoner ihn Ende Februar wissen, dass "Cornucopia" beendet sei, und an "eine Weiterführung des Trainingscenters in bewährten Händen" gedacht sei. Inzwischen verfügt die Gemeinnützige Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen (GFBM), die zu Beginn des Projektes treuhänderisch Empfänger der IBM-Spende war, allein über Räume und Gerät in der Schlesischen Straße. Laut ECONY wollte IBM ursprünglich die PCs und Drucker wieder abziehen, hat sich aber nach Angaben des bei IBM für Sponsoring zuständigen Leiters Herbert Herz jetzt jedoch bereit erklärt, auch mit dem neuen Betreiber zusammenzuarbeiten. Das neue Konzept sei zwar das abgeschwächte alte, aber noch immer im Geiste Cornucopias.

Der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung verteidigte die Politik seines Hauses: Mit dem alten Betreiber sei in der Frage der Wirtschaftlichkeit kein Kompromiss möglich gewesen. "So ein Kompromiss hätte nur unser Modell-Konzept verwässert", meint hingegen die Initiatorin Stieler-Lorenz. Manche in der "Cornucopia-Community" sprechen inzwischen von einer feindlichen Übernahme "Cornucopias" durch die GFBM, und auch Herz schließt einen Ideenklau nicht aus. Eine Sprecherin der GFBM, die das "Trainingscenter für Multimediaproduktion" ab Mai starten will, bestritt dagegen, den Vorgänger ausgebootet zu haben. Das Projekt werde wie ursprünglich vorgesehen fortgeführt.

Benedict Maria Mülder

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