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Lob der Finsternis. Sternengucker kommen nur im Dunkeln auf ihre Kosten. Abgelegene Gegenden in Brandenburg bieten dafür ideale Voraussetzungen. Foto: dpa/Pleul

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Berlin: Wo Brandenburg am dunkelsten ist

Das Westhavelland könnte zum ersten „Sternenpark“ Deutschlands werden – und Hobby-Astronomen aus aller Welt anziehen

Rathenow - Die Wegweiser zur neuen Attraktion Brandenburgs wären in jedem Fall unbeleuchtet. Denn Dunkelheit ist die wichtigste Voraussetzung für das Vergnügen, dass Himmelsbeobachter im künftigen „Sternenpark“ erwarten soll. „Die Milchstraßensterne müssen mit bloßem Auge erkennbar sein.“ So fordert es die International Dark-Sky Association (IDA), deren Mitglieder weltweit stockfinstere Gegenden suchen. Für die nicht gerade kleine Zahl von Hobby-Astronomen ist die IDA-Liste ein Reiseführer in die dunkelsten Regionen der Welt. Genau auf diesen Effekt hofft jetzt die Leitung des Naturparks Westhavelland, die mit Zustimmung der Region zwischen Neustadt / Dosse und Rathenow einen prall gefüllten Aktenordner über die nach Sonnenuntergang hereinbrechende Dunkelheit zusammengestellt hat. Der Antrag auf einen „Sternenpark“ im Westhavelland wurde kürzlich am Rande eines Symposiums über den Schutz des Nachthimmels in Osnabrück den anwesenden Mitgliedern der Dark-Sky Association übergeben.

„So ein Titel würde bestimmt viele Neugierige ins Westhavelland locken, zumal wir die Ersten damit in Deutschland wären“, sagt die Leiterin des Naturparks, Kordula Isermann. „Ähnliche Bestrebungen gibt es derzeit nur noch in der Rhön, während die Sternenparks etwa in Schottland und in Ungarn sehr gut angenommen werden.“ Auf einer Landkarte zeigt sie die im Antrag genannten Gebiete, in denen es keine oder für die Himmelsbeobachtung nicht ins Gewicht fallenden Lichtquellen gibt. Dazu zählen die kaum besiedelten Landstriche rund um das winzige Lohm südlich der Bahnstrecke zwischen Neustadt und Bad Wilsnack, nördlich und südlich des Gülper Sees bei Strodehne und Parey sowie am Hohennauener See bei Semlin.

Künftig sollen an den ausgesuchten Orten Beobachtungskanzeln und Informationstafeln mit Angaben über den nächtlichen Sternenhimmel entstehen. Auch Führungen mit Fachleuten und Ferngläsern stehen auf dem Plan. So bieten sich Kombinationen mit den jetzt schon angebotenen Touren zum abendlichen Einflug der Kraniche oder der Gänse an.

Auf die Idee eines „Sternenparks“ wurden die Naturschützer im Westhavelland vom Astronomen Andreas Hänel gebracht. Der arbeitet als Wissenschaftler am Planetarium in Osnabrück und zeigte sich bei seinen Reisen überrascht von so einem klaren Sternenhimmel nur etwa 100 Kilometer vom strahlenden Berlin entfernt. „Er steckte uns mit seiner Begeisterung so an, dass wir in den angrenzenden Gemeinden gleich für die Idee warben“, erinnert sich Naturparkchefin Isermann. Dort habe man aufgeschlossen reagiert: Schließlich halten sich die Anforderungen der IDA in Grenzen. Niemand muss seine Hofleuchte demontieren oder die Jalousien ständig geschlossen halten. Lediglich die Straßenlaternen sollen nach und nach gegen Modelle ausgetauscht werden, die nicht gegen den Himmel strahlen. Aber die Zahl der künstlichen Leuchtquellen fällt schon jetzt kaum ins Gewicht.

Die Entscheidung über den Titel „Sternenpark Westhavelland“ wird in den nächsten zwei bis drei Monaten erwartet. Das letzte Urteil sollen anonyme Tester fällen. Ohne Bange blicken die Verantwortlichen des Naturparks diesen Kontrollen entgegen. „Wir sind von der Wirkung unserer Dunkelheit einfach überzeugt“, meint Kordula Isermann. Claus-Dieter Steyer

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