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Berlin: Woche der Vielfalt

US-Botschafter besucht die Neuköllner Moschee – ein Termin in Erinnerung an Martin Luther King.

Für Yunus-Emre war es ein besonderer Tag. Der Berliner Student mit türkischen Wurzeln fühlt sich den USA sehr verbunden: In Kentucky hatte er mit einem Fulbright Stipendium studiert und fand es „cool“ dort.  Am Donnerstag nun durfte er den US-Botschafter John Emerson durch die Sehitlik-Moschee in Neukölln führen.

Der Spross einer Pastorenfamilie hatte viele Fragen mitgebracht. Wie oft beten Sie am Tag und wie lange? Wie wird man Imam? Wie finanzieren Sie sich? Und: „Es ist so schön warm hier. Haben Sie eigentlich Fußbodenheizung?“ Yunus-Emre und Cüneyt, die diese Führung gemeinsam machten, antworteten in makellosem Englisch. Sie erklärten dem Botschafter die Entstehungsgeschichte des Türkischen Friedhofs, der bereits seit 1863 als Diplomatenfriedhof genutzt wurde. Und natürlich machten sie keinen Hehl aus ihrem Stolz auf die schönste Moschee in Deutschland. Beim anschließenden Gespräch mit Gebäck und Tee, ging es auch um Kirchensteuern. Klar, dass der Botschafter das Thema interessant fand und begierig war, alles darüber zu erfahren. Dass die Moscheen wie die Kirchen in Amerika auf Spenden angewiesen sind, entdeckte er sofort als Gemeinsamkeit und fragte auch, ob man Spenden für die Moschee von der Steuer absetzen kann. „Ja, aber nicht wegen der Religion, sondern wegen der wohltätigen Arbeit“, antworteten die Führer. Der Vorstandsvorsitzende der Sehitlik Moschee, Ender Cetin und seine Frau Pinar, die als Diversitytrainerin Workshops zum Thema Islam organisiert, erklärten auch, wie viel ehrenamtliche Arbeit geleistet wird für die Führungen. 30 000 Besucher kämen jährlich, der Bundespräsident war auch schon da. Raum bietet die 2005 fertig gestellte Moschee für 1500 Menschen, aber an hohen Feiertagen kommen auch schon mal bis zu 5000. „Dann muss manchmal sogar die Straße abgesperrt werden, aber je mehr Menschen, desto mehr Segen.“

Die beiden waren bereits am Dienstagabend Gäste des Botschafters, der diese Woche, in der in den USA der Martin-Luther-King-Day gefeiert wurde, ganz im Sinne des amerikanischen Traums vom Zusammenschmelzen unterschiedlicher Kulturen begeht. So hatte er Vertreter verschiedener Religionen und Weltanschauungen in die Dahlemer Residenz geladen. Der multikulturelle Empfang war Teil des Gedenkens an Martin Luther King, dessen Besuch in beiden Teilen der Stadt sich im September zum 50. Mal jährt. Damals habe das US-Außenministerium den Pass des Pastors und Bürgerrechtlers eingezogen, weil man nicht wollte, dass King den anderen Teil der Stadt besuchte. Der sei aber einfach zum Checkpoint Charlie gefahren, habe dort seine American Express Karte vorgezeigt, was als Pass-Ersatz funktioniert, und dann habe er zwei wunderbaren Predigten gehalten: „Gottes Kinder leben auf beiden Seiten der Mauer.“

Ehrengast Charles Steele, emeritierter Präsident der Southern Christian Leadership Conference, erzählte vor Zuhörern wie Rabbiner Chaim Rozwaski und dem Leiter des Katholischen Büros, Karl Jüsten, wie Mahalia Jackson die berühmte Rede vom Traum beeinflusst hat. Mittendrin habe sie gesagt „Erzähl von dem Traum“.

Mit dem Empfang wollte der Botschafter einen eigenen Beitrag leisten zu dem außerordentlichen Beziehungsgeflecht von Menschen, die aus seiner Sicht „einen bedeutenden Beitrag für die ganze Welt“ leisten. Elisabeth Binder

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