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Flüchtlinge haben oft Anspruch auf eine Wohnung, müssen aber trotzdem in einer Notunterkunft bleiben.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Wohnungen in Berlin vorgetäuscht: Falsche Vermittler kassieren bei Flüchtlingen ab

Das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk vermittelt Wohnungen an Flüchtlinge. Jetzt kaperten Betrüger Briefbögen des EJF und kassierten Provision.

In die Vermittlung von Wohnungen an Flüchtlinge über das Ev. Jugend- und Fürsorgewerk (EJV) haben sich offenbar Betrüger eingeschlichen. Das EJF stellte jetzt in einem Fall Strafanzeige. Die Betrüger verwendeten kopierte EJF-Unterlagen mit gefälschten Angaben und kassierten hohe „Vermittlergebühren“ für nicht-existierende Wohnungen, teilte das EJF mit. „Mehrere tausend Euro hatten Menschen für die vermeintliche Vermittlung einer Wohnung bezahlt.“

Die Chancen, die Täter zu ermitteln, stehen nicht schlecht. „Es gibt Fotos von den Unterlagen und vom Vermittler“, sagte eine EJF-Sprecherin. Am Lageso gab es im vergangenen Jahr ähnliche Betrugsfälle. Dabei ging es auch um die Vermittlung von Privatwohnungen, die beim Lageso dann als Sammelunterkunft per Tagessatz abgerechnet werden.

Auch Handyverträge werden aufgeschwatzt

Flüchtlinge sind einfache Opfer, weil sie die Rechtslage in Deutschland nicht kennen und sich schnell einschüchtern lassen. Auch teure Handyverträge und Mitgliedschaften in Fitnessclubs werden ihnen aufgeschwatzt. Wegen solcher Praktiken hatte das EJF zusammen mit der Senatsverwaltung für Justiz das Projekt „Verbraucherschutzlotsin für arabische Flüchtlinge“ ins Leben gerufen. Die Lotsin Dima Beseiso-Kamel warnt Flüchtlinge vor unseriösen Geschäftemachern. Von der neuen Masche bei der betrügerischen Wohnungsvermittlung hatte Beseiso-Kamel in ihrer Beratungsarbeit erfahren.

639 Wohnungen an Flüchtlinge vermittelt

Das EJF hat nach eigenen Angaben seit Januar dieses Jahres 639 Wohnungen an Flüchtlinge vermittelt. „Ein großer Teil davon kommt von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften“, sagte die Sprecherin. Auch die bezirklichen Sozialämter versuchen, anerkannte Asylbewerber in Wohnungen zu vermitteln, denn darauf haben sie einen rechtlichen Anspruch. Weil es nicht genug bezahlbare Wohnungen gibt, müssen tausende anerkannte Flüchtlinge derzeit in Not- und Gemeinschaftsunterkünften bleiben.

Ehrenamtliche helfen bei der Eingewöhnung

Das EJF und die Bezirke setzen vor allem auf Beratung, vor und nach Abschluss eines Mietvertrags. Mittes Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) – er muss sich um die meisten Flüchtlinge mit Anspruch auf Wohnungen kümmern – hat eine „Wohnbegleitung“ ins Leben gerufen. 25 Ehrenamtliche helfen Flüchtlingen „bei der Eingewöhnung ins neue Wohnumfeld“ – von der Möbelbeschaffung über die Vorstellung bei den Nachbarn bis zur Kitaplatzsuche.

Jede Wohnungsvermittlung spart laut von Dassel dem Land bares Geld. Im Vergleich zur Vollversorgung in Sammelunterkünften komme die Übernahme der Mietkosten erheblich günstiger. Durch die Vermittlung von 54 Wohnungen an 157 Flüchtlinge seien aufs Jahr hochgerechnet 2,5 Millionen Euro an Unterbringungskosten vermieden worden. Dabei seien die 115.000 Euro, die das EJF für die Vermittlungsarbeit erhält, schon eingerechnet.

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