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Die Dienstvilla des Bundespräsidenten in Berlin-Schmargendorf wird normalerweise von zwei Polizisten bewacht. Am Tag des Rücktritts von Christian Wulff waren dort bis zu sieben Beamte unterwegs.

© dpa

Wulff-Rücktritt: Mitleid und Verständnis bei den Nachbarn

Nach seinem Rücktritt fuhr Christian Wulff sofort in seine Dienstvilla in Schmargendorf. Wie stehen die Nachbarn dort zum ehemaligen Bundespräsidenten?

Um Viertel nach Eins rauschen zwei schwarze Mercedes-Limousinen durch die Pücklerstraße in Berlin-Schmargendorf. Das Tor der Dienstvilla von Christian Wulff wird von fünf Polizisten gesichert, die Autos parken auf dem Hof, der ehemals erste Mann im Staat verschwindet schnell im Haus. Vergeblich hatten eine Handvoll Nachbarn und ebenso viele Fotografen darauf gewartet, einen Blick auf Wulff werfen zu können, so kurz, nachdem er zurückgetreten ist.

Die meisten hatten allerdings auch vor dem Beginn der Affären nicht mehr von ihm gesehen. „Schnell vorbei rasende Autos“ seien alles, was er jemals mitgekriegt habe, sagt ein Nachbar, der direkt gegenüber der Dienstvilla wohnt. Mit Picknick-Korb und dickem Schal ist er an diesem trüben, kalten Februartag unterwegs. Am meisten gefalle ihm an seinem prominenten Nachbarn, dass dessen Villa Polizeischutz brauche, man könne „auch nachts spazieren gehen, so sicher ist es“. Im Inneren der Villa war er trotzdem schon mal, weil Wulffs Vorgänger Horst Köhler einen Empfang für die Nachbarschaft gegeben habe. Insgesamt tue Wulff ihm leid, „das glich ja schon einer Hetzjagd“, sagt er nachdenklich.

Nicht alle Nachbarn sind betroffen. Einer sagt im Vorbeigehen: „Das war eh’ kein Nachbar, der war ja nur im Urlaub, wenn man der Presse glauben darf!“ Um die Zukunft von Wulff mache er sich keine Sorgen, es gebe ja Hartz IV. Eine ältere Dame entgegnet, dass das Ganze schon „tragisch“ ist. „Jeder Mensch hat seine Ehre und irgendwann muss man aus der Schusslinie.“ Verwundert sei sie gewesen, dass Wulff mit Frau Bettina und ihren beiden Kindern noch am Sonntag einen Spaziergang gemacht habe, ganz ohne Sicherheitsleute, in Richtung Grunewald seien sie gegangen. Wie die meisten Nachbarn habe sie ein „gespaltenes Verhältnis“ zu Wulff, er tue ihr schon leid, aber natürlich müsse gleiches Recht für alle gelten, ob kleiner Beamter oder großer Bundespräsident.

Die Causa Wulff

Nach Meinung von Vanessa Rahn, Nachbarin und Betreiberin des Bordells „Artemis“, hätte Wulff früher zurücktreten müssen. Während die ihre englische Bulldogge an der Villa vorbei spazieren führt, erzählt sie, dass diese „hermetisch abgeriegelt“ gewesen sei. Wulff habe sie schon mal kurz gesehen, mehr aber auch nicht: „Da gibt es keine Chance, in Kontakt zu treten.“ Auch über die Kanzlerin macht sie sich Gedanken, die hätte ruhig früher entschiedener in die Affäre eingreifen können. Jetzt gelte es, schnell einen neuen Kandidaten für das höchste Amt im Staat zu finden.

Ein Ehepaar, das als einziges die ganze Zeit über gewartet hat, will sich nicht zu Wulff äußern. Was sie von ihm halten? Wer ein guter Nachfolger wäre? Ob der Rücktritt richtig war? Der Mann schaut mürrisch, winkt ab. "Passt scho'", sagt er, dann ziehen die beiden weiter.

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