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Berlin: Wunderkind im Quantenland

Abiturientin aus Tegel veröffentlicht Physiklehrbuch

„Ich bin eigentlich ganz normal“, sagt Silvia Arroyo Camejo. Sie sagt es lachend und ohne jeden Hauch von Koketterie. Kurz vor dem Abitur hat die inzwischen 20-Jährige ein 250-seitiges Buch über Quantenphysik abgeschlossen, das diese Woche im renommierten Wissenschaftsverlag Springer erscheint: eine Einführung in die skurrile Welt der Teilchenphysik mit all ihren Rätseln, Paradoxien und scheinbaren Verstößen gegen die Gesetze des gesunden Menschenverstands. Wer sich die junge Autorin nun als abgehobenes Wunderkind vorstellt, liegt allerdings falsch: Sie sei ein „sehr fröhlicher Mensch“, sagt Silvia, und selbst am Telefon glaubt man ihr das aufs Wort: Alle zwei Minuten unterbricht sprudelndes Gelächter den Rückblick auf ihre ungewöhnliche Karriere.

Mit 12 habe sie begonnen, sich Fragen über die Welt und den Kosmos zu stellen, die ihr niemand beantworten konnte, erzählt Silvia: „Ich wollte einfach wissen, wie das alles funktioniert. Das Problem war: Niemand schien etwas darüber zu wissen.“ Ihr Vater, ein spanischstämmiger Chirurg, war schnell überfragt, ebenso die Mutter, eine Sprachlehrerin. So begann die Schülerin aus Tegel, sich die physikalischen Zusammenhänge der Welt selbst zu erschließen: „Zuerst mit Was-ist-Was-Büchern, dann mit populärwissenschaftlicher Literatur, die mich bald zu Fachbüchern über Quantenphysik brachte.“ Silvia verschlang buchstäblich alles, was sie im Buchhandel finden konnte. Und entschied mit 17, ihr gesammeltes Wissen in einem dreibändigen Werk festzuhalten: ein Buch zur Quantenphysik, eins über Elementarteilchen und eins zur Kosmologie. Jeden Nachmittag nach den Schulstunden am Berliner Canisius-Kolleg schrieb sie – allerdings nur für sich selbst: „An eine Veröffentlichung habe ich nie gedacht.“

Erst als das Buch über Quantenphysik fertig war, kam ihr die Idee, es von einem Fachmann beurteilen zu lassen. Sie schickte das Manuskript an den Heidelberger Quantenphysiker Hans Dieter Zeh – und der war so begeistert, dass er es gleich dem Springer-Verlag empfahl. Für Silvia, die damals mitten in den Abitur-Vorbereitungen steckte, einer der größten Momente des vergangenen Jahres: „Ich hätte nie geglaubt, dass ein Buch daraus wird.“

Die zwei Folgebände der Trilogie muss Silvia allerdings vorerst aufschieben – aus Zeitmangel: Inzwischen studiert sie Physik an der Humboldt-Universität und arbeitet nebenbei als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Hahn-Meitner-Instituts – dort wurde man bei einer Schulpräsentation auf die talentierte Abiturientin aufmerksam. Nebenbei tanzt Silvia Ballett und brachte es als Violinistin auch noch auf zwei erste Plätze beim Wettbewerb „Jugend musiziert“. Angeeckt sei sie mit ihren vielfältigen Begabungen aber nie, versichert sie: „Zuerst reagieren die Leute natürlich erstaunt, aber wie gesagt, ich bin eigentlich ganz normal. Es gab für mich immer ein Leben neben der Quantenphysik.“ Und das verbringt die Studentin zurzeit am liebsten mit Freunden und Kommilitonen – oder bei Waldspaziergängen mit ihrer schwarzen Labrador-Hündin „Lissy“.

Silvia Arroyo Camejo: „Skurrile Quantenwelt“. Springer-Verlag, Heidelberg, 246 Seiten, 29,95 Euro.

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