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Berlin: Zwei auf einen Streich

Liam Neeson stellte im Adlon seine neuen Filme vor Die Hauptrolle spielt er aber nur „unter Wölfen“.

Den Drang zum Actionhelden verspürte Liam Neeson offenbar schon früh: Als er jung war, boxte er mit Leidenschaft und gewann sogar den nordirischen Meistertitel. Trotzdem machte er danach in einer etwas subtileren Disziplin Karriere: Er wurde Schauspieler. Dass ihm ein Gegner beim Boxen die Nase gebrochen hatte, stand dem nicht im Wege. Im Gegenteil, so kam sie zu jener charakteristischen Form, die aus Neesons Figuren meist mehr macht als tumbe Haudrauf-Helden. Neeson, der im Juni 60 wird, ist der Prototyp des intelligenten, oft väterlichen Anführers mit philosophischem Tiefgang. Als Jedi-Meister Qui-Gon Jinn in „Star Wars: Episode 1“ (1999) wurde er richtig berühmt, aber schon 1993 war er oscarnominiert für seine Darstellung des Oskar Schindler in Steven Spielbergs „Schindlers Liste“.

Männer können in Hollywood auch mit 60 noch gut im Geschäft sein. Am Montag war Neeson in Berlin, um im Hotel Adlon gleich zwei seiner neuen Filme vorzustellen, die beide am 12. April in die Kinos kommen: In „Battleship“ (Regie: Peter Berg) spielt er in einer Nebenrolle einen Admiral der US-Marine, in „The Grey - Unter Wölfen“ (Regie: Joe Carnahan) hat er die Hauptrolle inne. „Nein, eigentlich bin ich kein harter Kerl“, sagt er über sich, während sein Blick raus aufs Brandenburger Tor geht, „überhaupt nicht. Aber ich spiele gern das Gegenteil von dem, was ich bin.“ Neeson ist kein Mann von vielen Worten, aber das, was er mit seiner tiefen, bedächtigen, entschiedenen Stimme sagt, kommt meistens gleich auf den Punkt. Extrem seien die Dreharbeiten zu „Unter Wölfen“ gewesen. Der Film – er basiert auf einer Kurzgeschichte von Ian Mackenzie Jeffers und wird unter anderem von Ridley Scott produziert – folgt dem Schicksal einer Gruppe von Bohrarbeitern, deren Flieger in der Wildnis Alaskas abstürzt und die nach und nach von einem Rudel Wölfe dezimiert wird. Leeson gibt den Wolfsversteher John Ottway und wird unter höllischen Umständen selbst zum Leitwolf der Gruppe. Wochenlang hat die Crew vergangenes Jahr in Kanada, zwölf Autostunden nördlich von Vancouver, in echten Schneestürmen gedreht, hat sich Zehen und Finger abgefroren, aber das Ergebnis hat sich gelohnt. Es ist ein beeindruckend gut gemachter Film geworden, dem man ansieht, dass die Darsteller wirklich frieren und nicht nur so tun, in dem jedes Detail wichtig ist und ein beginnender Husten sicheres Zeichen eines baldigen Todes ist. Ein Film, der souverän mit dem An- und Abschwellen der Spannung operiert. „Die Dreharbeiten haben uns zusammengeschweißt, ich habe mich selten einer Crew so verbunden gefühlt“, erzählt Neeson.

Auch in „Unter Wölfen“ verkörpert er keinen strahlenden Klischeehelden. Sondern einen gebrochenen Mann, der offen bekennt, dass er manchmal nicht weiter weiß und dass er Angst vor den Tieren hat. Ganz anders seine Rolle in „Battleship“: Schicke Uniform, stolzer General, Außerirdische bedrohen die Erde – „ein Film, der fürs amerikanische Publikum gemacht ist und der auch Rekruten für die amerikanische Armee anwerben soll“, sagt Neeson ganz offen. Eine Form der Propaganda, mit der er anscheinend kein Problem hat: „Ich kann aber verstehen, dass man sich in Europa für so etwas mehr schämen würde“. Schließlich ist er selbst Europäer, aufgewachsen in Nordirland, seine Jugend war geprägt von Bürgerkrieg und Bomben. Da war der Weg ins Theater und von dort zum Film auch eine Möglichkeit zur Flucht.

Schnell wieder fliehen muss Neeson wegen Termine übrigens auch wieder aus Berlin – da bleibt keine Zeit mehr, um etwas von der Stadt zu sehen. Immerhin, er war hier, anders als 2011. Da konnte er nicht zur Berlinale-Premiere seines in Berlin gedrehten Thrillers „Unknown“ kommen – wegen der Dreharbeiten zu „Unter Wölfen“. Udo Badelt

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