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Berlin: Zwölfjähriger Räuber ist Jugendamt lange bekannt

Die schwer verletzte 87-Jährige ist aus der Klinik entlassen. Polizei sucht die beiden Komplizen des Jungen

Berlin - Der linke Arm ist bis auf zwei Finger eingegipst, die linke Kniescheibe kaputt, das Nasenbein gebrochen. Die Schmerzen kann Vera-Ellen W. (87) nur mit starken Tabletten, die sie im Krankenhaus bekommen hat, ertragen.

Die Rentnerin war, wie berichtet, am Sonnabend in der Stargardtstraße in Reinickendorf von drei Kindern überfallen worden, die versucht hatten, ihr die Tasche zu rauben. Nach dem schweren Sturz ist die Rentnerin wieder zu Hause in ihrer Reinickendorfer Wohnung. Die Einkäufe hat eine Bekannte für sie erledigt. „Ich kann nicht fassen, dass das passiert ist“, sagt die ehemalige Laborantin, die seit 27 Jahren in Rente ist, dem Tagesspiegel. „Ich hoffe, sie bekommen die beiden Mittäter auch noch.“

Bislang hat die Polizei nur einen der mutmaßlichen Räuber, den 12-jährigen Lars S. (Name geändert), gefasst. Der Junge, der in der Nähe vomTatort wohnt, ist bei der Polizei bekannt: Körperverletzung und Sachbeschädigung, vor allem Graffiti-Schmierereien, finden sich in seiner Akte. Als 12-Jähriger ist er vor dem Gesetz zwar noch strafunmündig – dennoch werden auch bei unter 14-Jährigen die Taten in der Polizeiakte dokumentiert. Zudem setze sich der  Sachbearbeiter mit dem Jugendamt in Verbindung, um „erzieherische Maßnahmen anzuregen“, wie ein Polizeisprecher sagte.

Der Reinickendorfer Jugendstadtrat Andreas Höhne (SPD) bestätigt, dass seine Mitarbeiter das erste Mal 2008 mit der Familie in Kontakt getreten sind. Damals hatte Lars S. einen Ladendiebstahl begangen. „Die Familie hat temporär Hilfen zur Erziehung erhalten“, sagt Höhne. Probleme in der Schule seien vom Schulpsychologen behandelt worden. Seit 2010 bis kürzlich habe es auch keine Vorfälle mehr gegeben. Nach Tagesspiegel-Informationen ist Lars jedoch vergangene Woche wieder aufgefallen: Er soll in einem Einkaufscenter mit einem Laserpointer Leute belästigt haben – das war noch vor dem Überfall auf die Rentnerin. Daraufhin wurde das Jugendamt wieder informiert. Höhne bestätigte, dass ein Gespräch mit den Eltern des Jungen vereinbart wurde. „Wir hoffen nun, dass gemeinsam auf das Kind eingewirkt werden kann. Sollte das nicht der Fall sein, wird das Familiengericht eingeschaltet“, sagte Höhne.

Die Ermittler sind guter Dinge, dass sie die beiden mutmaßlichen Komplizen in Kürze ausfindig machen. Bislang habe der Junge ausgesagt, er kenne nur die Vornamen der beiden. Auch die Telefonnummern, die er genannt hat, seien unvollständig gewesen. Nach der Vernehmung soll das Kind von seinem Vater abgeholt worden sein. Gerüchte, wonach dieser Mitglied im Rockerclub „Bandidos“ sein soll, konnte die Polizei nicht bestätigen.

Erbeutet haben die jungen Täter nichts, denn Vera-Ellen W. hat ihre Tasche festgehalten. „Die Kinder zerrten daran, nachdem ich mit dem Gesicht auf den Asphalt aufgeschlagen war.“ Der Pförtner eines Altenheims, vor dem der Überfall passierte, rief die Feuerwehr. Die Pflegerin Iris K. (44) eilte dem Opfer zur Hilfe. „Ich redete beruhigend auf sie ein und konnte ihr helfen, sich aufzurichten“, schildert die Pflegerin. Der Ehemann einer Kollegin lief dem Trio hinterher und konnte schließlich den 12-Jährigen festhalten, bis die Polizei kam.

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