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Am Ende Erleichterung: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) mit ihren Länderkolleginnen aus dem Saarland, Christine Streichert-Clivot (SPD), aus Rheinland-Pfalz Stefanie Hubig (SPD) sowie aus Schleswig-Holstein, Karin Prien (CDU, v.r.n.l.).

© picture alliance / Flashpic/Jens Krick

Einigung von Bund und Ländern: Was das Startchancenprogramm für Berlin bedeutet

Mittels des Startchancenprogramms können nun 20 Milliarden Euro gezielt an Schulen mit überdurchschnittlich vielen sozial benachteiligten Schülern fließen. Berlin dürfte davon erheblich profitieren.

Bund und Länder haben sich am Freitag darauf geeinigt, in den kommenden zehn Jahren 20 Milliarden Euro in 4000 Brennpunktschulen zu investieren. Die Bedingungen und die Verteilungsmodalitäten des sogenannten Startchancenprogramms waren bis zuletzt strittig. Jetzt ist der Weg frei.

Demnach sollen eine Million Schülerinnen und Schüler in Schulen mit hohem Migrantenanteil oder hohen Armutsquote gezielt gefördert werden. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass Bildungsgelder bundesweit nach sozialen Kriterien verteilt werden. Es handelt sich um eines der größten Projekte der Ampelkoalition und das wichtigste Vorhaben von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Wir brauchen eine bildungspolitische Trendwende und sie muss bei den Grundkompetenzen beginnen. 

Bettina Stark-Watzinger (SPD), Bundesbildungsministerin

Das Hauptziel des Startchancenprogramms besteht darin, den Bildungserfolg so weit wie möglich von der sozialen Herkunft abzukoppeln. Konkret soll erreicht werden, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards in den Fächern Mathematik und Deutsch nicht erreichen, innerhalb von zehn Jahren halbiert wird.

„Der Weg ist anspruchsvoll, das Ziel mit einer Kennziffer klar formuliert“, das sei für die deutsche Bildungspolitik „ungewöhnlich und mutig“, lobte Markus Warnke, Co-Geschäftsführer der Brennpunktförderung spezialisierten Wübben-Stiftung.

In diese drei Bereiche wird das Geld fließen

Das Programm soll zum Schuljahr 2024/25 starten und besteht aus drei Säulen. Dazu gehören Investitionen in die Gebäude und eine „zeitgemäße und förderliche Lernumgebung“. Die zweite Säule beinhaltet das „Chancenbudget“ für die Schul- und Unterrichtsentwicklung. Die dritte Säule soll der Stärkung multiprofessioneller Teams dienen, wobei die Sozialarbeit eine herausgehobene Rolle spielen wird.

47
Millionen Euro soll Berlin pro Jahr vom Bund bekommen

Welche Schulen konkret von den Geld profitieren, steht noch nicht fest. Etliche Länder müsen zunächst die sozialen Kriterien festlegen, nach denen sie die Bedürftigkeit der Schulen bemessen. Berlin ist da schon weiter, hat die Schulen aber auch noch nicht benannt. Absehbar ist bisher nur, dass rund 47 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in Berlins Schulen fließen werden.

Einige Länder hatten ihre Zustimmung zum Startchancenpaket zunächst daran geknüpft, dass der Bund die Fortsetzung des Digitalpakts absichert. Diese Hürde wurde offenbar genommen. Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) ließ sich dahingehend zitieren, dass sich der Bund „in den Gesprächen in dieser Woche“ klar zur gemeinsamen Aufgabe der weiteren Digitalisierung der Schulen im Rahmen eines Digitalpakts 2.0 bekannt habe.

Der Digitalpakt 2.0. soll kommen

„Es hat substanzielle Fortschritte gegeben, auch was das Gesamtvolumen eines Digitalpakt 2.0 angeht. Der Bund ist damit der Forderung der Länder gerecht geworden, neben dem Startchancen-Programm auch den Digitalpakt 2.0 aufzusetzen“, so Günther-Wünsch. Sie hatte als KMK-Präsidentin 2023 die Abstimmungen begleitet.

Erstmals sollen im Rahmen eines Bund-Länder-Programms Kinder aus bildungsfernen Familien ganz gezielt gefördert werden.

Ties Rabe, SPD, Hamburger Bildungssenator bis Januar 2024

Ein entscheidender Motor bei der Einigung war auf Seiten der Länder der langjährige Hamburger Bildungssenator Ties Rabe. Er war die ganze Zeit über auf Seiten der SPD-Länder Verhandlungsführer. Als im September 2023 erstmals die Hauptlinien bei der Verteilung der Gelder feststanden, betonte er, es sei das erste Mal im Rahmen eines Bund-Länder-Programms, dass Kinder aus bildungsfernen Familien ganz gezielt gefördert werdens sollen. An dem Punkt war besonders erbittert gestritten worden.

Entscheidende Impulse aus Hamburg

Ties Rabe hatte es in seiner zwölfjährigen Amtszeit geschafft, Hamburgs Schülerleistungen erheblich zu verbessern. Der Stadtstaat hatte auch frühzeitig begonnen, vielfältige Sozialkriterien für seine Schulen zu formulieren und die Schulen entsprechend mit Personal auszustatten.

Da der Hanseat Rabe sein Amt kürzlich aus gesundheitlichen Gründen niedergelegen musste, koordiniert jetzt Stefanie Hubig aus Rheinland-Pfalz die SPD-Länder in der KMK. CDU-Verhandlungsführerin ist Karin Prien: Die Bildungsministerin Schleswig-Holsteins war 2022 KMK-Präsidentin und übernahm die Rolle des CDU-Koordinatoren von Hessens Bildungsminister Alexander Lorz.

Länder, die bereits eigene Brennpunktprogramm aufgelegt haben, können diese Ausgaben auf ihren Eigenbeitrag, den sie für das Startchancenprogramm aufbringen müssen, anrechnen. Einzelheiten sind dazu bisher nicht bekannt. In Berlin gibt es das so genannte „Bonusprogramm“ für Brennpunktschulen, in seit 2014 rund 180 Millionen Euro geflossen sein dürften. Ob es von der Fokussierung des Mitteleinsatzes her den Ansprüchen des neuen Startchancenprogramms genügt, wurde bisher nicht kommuniziert.

Bekannt ist nur, dass beim Bonusprogramm jahrelang zu wenig auf einen sinnvollen Mitteleinsatz geachtet wurde. Eine Evaluation endete ernüchternd. Die Bildungsverwaltung hatte daher noch unter SPD-Führung versucht nachzujustieren.

Ob das ausgereicht hat, ist nicht bekannt. Allerdings kündigte Günther-Wünsch am Freitag an, dass die Bildungsverwaltung gerade „final“ eine „umfassende Qualitätsstrategie“ erarbeite. Dabei gehe es „insbesondere um zusätzliche, gezielte Lernförderung in den Kernfächern Deutsch und Mathematik“.

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