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Dieses Satellitenfoto von Planet Labs PBC zeigt Brände in der Nähe eines Krankenhauses in Khartum.

© dpa/PLANET LABS PBC

Update

Schwere Kämpfe im Sudan : EU-Botschafter in seiner Residenz angegriffen

Bei den Kämpfen zwischen Militärs im Sudan scheint die Armee die Oberhand zu gewinnen. Auch am Dienstag dürfte die Opferzahl in der Zivilbevölkerung weiter steigen.

| Update:

Im Sudan haben sich die schweren Gefechte zwischen den rivalisierenden Lagern der Armee und des Paramilitärs fortgesetzt.

Im seit drei Tagen wütenden Machtkampf zwischen der sudanesischen Armee unter Kommando des sudanesischen Generals Abdel Fattah al-Burhan und den rivalisierenden paramilitärischen Einheiten seines Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo haben sich die Fronten weiter verhärtet. Auch am Dienstag ist mit weiteren Opfern unter der Zivilbevölkerung zu rechnen.

Der EU-Botschafter im Sudan war zuvor nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in seiner eigenen Residenz angegriffen worden. Die Tat stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen dar, schrieb der Spanier am Montagabend im Kurznachrichtendienst Twitter.

Die Sicherheit diplomatischer Räumlichkeiten und des Personals liege primär in der Verantwortung der sudanesischen Behörden und sei eine völkerrechtliche Verpflichtung.

Angaben zur Art des Angriffs sowie zu dem Täter oder den Tätern machte Borrell nicht. Er ließ auch unklar, ob der Botschafter verletzt wurde oder mit dem Schrecken davonkam. Borrell schrieb lediglich, dass sich der Angriff einige Stunden zuvor ereignet habe. Die EU wird in dem nordostafrikanischen Land durch den irischen Diplomaten Aidan O’Hara vertreten. Aus Diplomatenkreisen hieß es am Abend in Brüssel, O’Hara sei wohlauf und nicht verletzt worden.

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Bei Kämpfen zwischen der Armee und paramilitärischen Kräften im Sudan sind nach UN-Angaben bislang mindestens 185 Menschen getötet worden. Über 1800 Zivilisten und Soldaten seien verletzt worden, erklärt der UN-Beauftragte für Sudan, Volker Perthes, am Montag vor Journalisten in New York.

Er könne nicht einschätzen, wer in dem Konflikt die Oberhand habe. Die Lage sei sehr wechselhaft. „Die beiden Seiten, die sich bekämpfen, erwecken nicht den Eindruck, dass sie eine Vermittlung für einen Frieden wünschen.“ Sein Ziel seien zunächst humanitäre Feuerpausen. Derzeit seien Hilfslieferungen in das Kampfgebiet nicht möglich.

Den heftigen Gefechten liegt ein Machtkampf zwischen den beiden wichtigsten sudanesischen Generälen zugrunde. Der bisherige Vize Mohammed Hamdan Daglo hat nun internationale Unterstützung gegen Machthaber Abdel Fattah al-Burhan gefordert. General Al-Burhan sei „ein radikaler Islamist, der Zivilisten aus der Luft bombardiert“, schrieb Daglo am Montag auf Twitter.

Daglos eigener Militärapparat, die paramilitärische Gruppe RSF, und die sudanesische Armee unter Al-Burhans Kommando kämpfen seit Samstag in der Hauptstadt Khartum und anderen Teilen des Landes gegeneinander. Artillerie, Panzer und Kampfflugzeuge sind im Einsatz. Die Gefechte in Khartum konzentrieren sich auf strategische Punkte wie das Hauptquartier der Armee, den Präsidentenpalast und den Flughafen, die in dicht besiedelten Vierteln der Stadt liegen.

Die Armee fliegt Luftangriffe auf Stellungen der RSF. Anwohner und Beobachter aus Khartum berichteten über das Wochenende in sozialen Medien, RSF-Kämpfer hätten auch in Wohnhäusern Stellung bezogen.

Daglo und Al-Burhan machen sich schwere Vorwürfe

Daglo warf seinem Gegner vor, mit radikalen Islamisten gemeinsame Sache zu machen. Islamistische Kräfte gehörten zu den Unterstützern des 2019 gestürzten Langzeitherrschers Omar al-Baschir, die weiterhin eine Rolle im Machtgefüge in der Armee spielen. Diese hofften darauf, „den Sudan isoliert und in Dunkelheit und weit entfernt von Demokratie zu halten. Wir werden weiterhin Al-Burhan verfolgen und ihn zur Rechenschaft bringen“, schrieb Daglo.

Al-Burhan hat sich seit Samstagnachmittag nicht mehr öffentlich geäußert, als er den RSF einen Angriff vorwarf und betonte, die Lage unter Kontrolle zu haben. Daglo, auch als Hemedti bekannt, und seiner Einheit wurden in der Vergangenheit schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Seit Beginn der Gewalt beschuldigen sich Armee und Miliz gegenseitig, mit dem Kämpfen begonnen zu haben. Ursprünglich einigten sich die Parteien am Sonntag auf eine dreistündige Kampfpause, um die von den Vereinten Nationen vorgeschlagenen humanitären Evakuierungen zu ermöglichen, so die UN-Mission im Sudan. Jedoch wurde die Vereinbarung nach einer kurzen Phase weitgehend ignoriert.

UN-Generalsekretär verurteilt Angriffe

Die EU bemüht sich angesichts der schweren Gefechte im Sudan um Einfluss auf die Konfliktparteien des innerstaatlichen Machtkampfes. Man arbeite daran, beide Seiten davon zu überzeugen, eine humanitäre Feuerpause in Erwägung zu ziehen, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montagabend in Brüssel mit. Die Zivilisten bräuchten dringend eine Waffenruhe. Der Schutz der Zivilbevölkerung sei eine Verpflichtung im Rahmen des humanitären Völkerrechts.

Zu Details der Friedensbemühungen machte Borrell keine Angaben. Eine Sprecherin hatte am Mittag bereits über Gespräche des Außenbeauftragten mit Vertretern aus Kenia, Ägypten und den Vereinigten Arabische Emiraten berichtet.

Auch der UN-Sondergesandte Volker Perthes erklärte, er sei entsetzt über die Berichte von Beschuss und Plünderungen, die UN- und andere humanitäre Einrichtungen betreffen würden.

Ausgelöst wurde der jüngste Konflikt laut Beobachtern am Samstag durch einen Streit über die Integration der RSF in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung.

In dem von schweren Wirtschaftsproblemen gebeutelten Sudan hatten Massenpoteste 2019 zum Sturz des jahrzehntelangen Herrschers Omar al-Baschir geführt. Daran waren die Armee und die RSF beteiligt. Militär und zivile Gruppen einigten sich damals auf eine Übergangsregierung.

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Im Oktober 2021 kam es aber zu einem Putsch, bei dem das Militär die Macht vollständig übernahm. Seitdem wurde bei Protesten immer wieder der Rückzug des Militärs aus der Politik gefordert. RSF-Chef Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, hatte sich zuletzt an die Spitze einer Bewegung gestellt, die das Land nach eigenen Angaben in die Demokratie führen will. (dpa, Reuters, AFP)

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