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Launig: der Luchs.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (82): Der Altai-Luchs

Sie hören fast alles, nur sie selbst sind kaum zu hören, wenn sie auf der Jagd sind. Über launige Luchse mit Superkräften.

Im äußersten Winkel des Tierparks, dort, wo es hinterm Affenhaus den Berg hochgeht und der Verkehr von der nahen B1 herüberlärmt, leben drei, die es locker mit den Superhelden aus so manchem Comic aufnehmen könnten.

Alex und Dunja, beide elf Jahre alt, sind gebürtige Russen, sie stammen aus dem Zoo von Nowosibirsk; ihr Töchterchen kam im April 2014 in Berlin auf die Welt. Die Altai-Luchse sind große Katzen, knapp über einen Meter lang. Sie bewegen und putzen sich, als wären sie Schoßtiere daheim auf dem Sofa. Gäbe es Glasscheiben und Gitter nicht, man würde sie am liebsten streicheln. Nicht unbedingt eine gute Idee. „Genauso wie Hauskatzen haben die so ihre Launen“, sagt Kurator Florian Sicks. „Der Tierpfleger lässt sie an solchen Tagen auch in Ruhe.“

Aber nun zu den Superkräften. Luchse haben extrem leistungsstarke Sinnesorgane. Ob ein Reh, das ein paar hundert Meter weit weg leise durchs Unterholz streift oder auch nur eine raschelnde Maus, die genauso weit entfernt ist: Die Luchse hören fast alles – und pirschen sich, wenn sie mögen, unbemerkt heran, um das Beutetier mit einem Biss in die Kehle zu töten. Im Tierpark ist das freilich nicht nötig, hier werden jeden Vormittag tote Küken, Mäuse oder Meerschweinchen serviert.

Pinsel wie Schalltrichter

Dass der Luchs so gut hören kann, könnte neben seinen Ohren mit den rund vier Zentimeter langen Pinseln auch am Backenbart liegen, der manchen Theorien zufolge wie ein Schalltrichter wirkt. Und dann sind da noch die „wunderschönen gelblichen Augen“, von denen Kurator Sicks schwärmt. Mit denen hat der Luchs auch in Dämmerlicht und Dunkelheit den Durchblick.

Die Heimat des Altai-Luchses ist das gleichnamige Hochgebirge im Grenzgebiet von Kasachstan, Russland, der Mongolei und der chinesischen Provinz Xinjiang. Das dichte Fell der Tiere ist perfekt auf die klimatischen Bedingungen dort abgestimmt, es hält schön warm und bietet mit seiner hellbraunen Farbe eine gute Tarnung. Mit ihren Pfoten können die einzelgängerischen Luchse außerdem problemlos im Schnee jagen.

Genetische Untersuchung

Der Altai-Luchs ist „was ganz Spezielles“, sagt Florian Sicks. Der Tierpark war der erste Zoo in Europa, in dem man diese Unterart des Eurasischen Luchses (Lynx lynx) bewundern konnte – den seit DDR-Zeiten guten Beziehungen zu russischen Zoos sei Dank. Wobei: Ob es sich wirklich um eine eigenständige Unterart handelt, ist nicht erwiesen. Nun sollen genetische Untersuchungen der Uni Liberec in Tschechien Klarheit bringen. Dunja durfte dafür vor ein paar Monaten einen Haarbüschel spenden.

Nachkommen des Berliner Paars leben in Luckenwalde, Wuppertal, Dänemark. Bis auf Weiteres sollen sich Alex und Dunja jedoch nicht mehr vermehren. „Wir züchten nur noch auf Nachfrage.“

Selbst im Sommer sucht der Altai-Luchs eher die Kälte, in der Wildnis lebt er dann in 2000, 3000 Meter Höhe. Den drei Exemplaren in Lichtenberg machen die Temperaturen im Juli oder August denn auch ganz schön zu schaffen. Immerhin spenden die Bäume im Gehege Schatten. Dort, wo ein Baum durch eine Öffnung im Gitterdach in die Höhe wächst, sind übrigens mal zwei Jungtiere ausgebrochen. Sie wollten aber bald wieder zurück zu ihren Eltern.

ALTAI-LUCHS IM TIERPARK

Lebenserwartung:  in Zoos bis zu 25 Jahren

Fütterungszeiten:  jeden Vormittag

Interessanter Nachbar: Blauschaf, Sichuan-Takin

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