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Der Podcast, der Verschwörungsmythen zerlegt : „Eine Kernfrage der Menschheit ist die nach der Wahrheit“

Seit 14 Jahren blickt „Hoaxilla“ skeptisch auf Verschwörungserzählungen und andere Lügengeschichten. Kommenden Donnerstag treten seine Macher bei den Wühlmäusen auf.

Existieren Geister? Gibt es das Monster von Loch Ness oder Bigfoot? Und wie wahrscheinlich ist es, dass eine geheime Weltregierung unser aller Schicksal bestimmt? Antworten auf Fragen wie diese liefert der Wissenschaftspodcast Hoaxilla. Nun bringen seine Macher, das Ehepaar Alexa und Alexander Waschkau, ihren Podcast auf die Bühne – in Berlin am 25. Januar bei den Wühlmäusen.

Frau Waschkau, welche Verschwörungserzählung hat Sie zuletzt verwundert?
Bestürzt hat uns, wie das politisch rechte Lager auf die Ereignisse in Schlüttsiel reagiert hat, als Vizekanzler Habeck von Demonstrierenden in gewaltbereiter Stimmung am Verlassen einer Fähre gehindert wurde. Gerade auf „X“ kursierten schnell Gerüchte: Mal soll es sich um eine False-Flag-Aktion der Grünen gehandelt haben, um die „friedlichen Bauern“ zu diskreditieren. Mal hieß es, diese Eskalation habe es gar nicht gegeben. Die Fakten sprechen dagegen für eine spontan organisierte Aktion einer der AFD nahestehenden Gruppe. Dass es die fix gezimmerten Falschbehauptungen in den sozialen Medien so leicht haben, bereitet uns große Sorgen.

In Ihrem Podcast „Hoaxilla“ klären Sie und Ihr Mann seit 14 Jahren über solche Mythen auf. Ist Ihnen schon mal eine Geschichte untergekommen, die Sie nicht als Lügenkonstrukt entlarven konnten?
Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, denn es gibt in der Geschichte der Menschheit sehr viele reale Verschwörungen. Denken Sie mal nur an den Mord an Caesar. In dem Augenblick ist es dann halt kein Verschwörungsmythos mehr, sondern eine Verschwörung.

Eine Geschichte, die sich im Nachgang als wahr herausgestellt hat, sind die Umsturzpläne der sogenannten Reichsbürgerbewegung. Bereits 2014 haben wir in zwei Podcastfolgen auf diese Gruppierung und auf die potenziellen Gefahren hingewiesen, die von ihr ausgehen können. Da gab es noch viele Menschen, die unsere Sorge abgetan haben mit Sätzen wie „Das sind doch alles nur Spinner“.

Die großangelegte Razzia im Reichsbürgermilieu im Dezember 2022, bei der hunderte Waffen sichergestellt und Verbindungen zur Bundeswehr festgestellt wurden, zeigt deutlich, welches Gefahrenpotenzial vorhanden ist. Leider haben wir den Eindruck, dass es auch heute noch Bestrebungen gibt, diese Gruppierung zu bagatellisieren. Das hat natürlich auch strategische Hintergründe.

Am Donnerstag treten Sie in Berlin bei den Wühlmäusen auf. Was passiert dort?
Eine Kernfrage der Menschheit ist die nach der Wahrheit. Dabei kann es um die politische, spirituelle oder naturwissenschaftliche Wahrheit gehen. In unserem Bühnenprogramm wollen wir uns der Suche nach der Wahrheit sehr humoristisch, mit einem Streifzug durch 14 Jahre Podcastgeschichte, annähern. Dabei möchten wir dem Publikum am Ende das Geheimnis der „wahren Wahrheit ™“ mitgeben. Ohne zu viel zu verraten, können wir schon jetzt sagen, dass weder Esoterik noch Religion oder sogar die Wissenschaft diese „wahre Wahrheit“ bieten können.

Gefühlt nimmt die Flut an Desinformation und Verschwörungsmythen in den sozialen Netzwerken weiter zu. Frustriert Sie das?
Ja. Wir erleben aktuell Desinformationskampagnen, die es in dieser Größenordnung noch nicht gab. Die Urheber sind – nicht nur, aber auch – durch Putins Russland finanzierte Organisationen, die durch mediale Verbreitung von Fake News, Propaganda und Lügen die westlichen Demokratien ins Straucheln bringen sollen. Deswegen widmen wir einen Großteil unserer Zeit auch der Aufklärung und Stärkung der Medienkompetenz. Sowohl in unseren Podcasts als auch bei Workshops und Vorträgen schwingt dieses Thema immer mit.

Sind Sie selbst schon mal auf eine Verschwörungserzählung hereingefallen?
Zumindest teilweise. Nach Schauen des Films „JFK – Tatort Dallas“ von Oliver Stone aus dem Jahr 1991 war ich eine Zeitlang fest davon überzeugt, dass es kein Einzeltäter sein konnte. Erst einige Jahre später habe ich dann durch ein Interview mit Stone erfahren, dass er bewusst Fakten hinzu- oder weggelassen hat, weil er seine Geschichte des Attentats erzählen wollte.

Hat sich Ihr Blick auf Verschwörungsmythen im Laufe der Zeit verändert?
In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass sich unter der Oberfläche der allermeisten Verschwörungserzählungen antisemitische Motive verbergen. Diesen schrecklichen gemeinsamen Faktor haben wir zu Beginn unseres Podcasts vor 14 Jahren noch nicht so deutlich gesehen. Gerade auch im Kontext des grauenvollen Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober erleben wir ein noch stärkeres Aufflammen eines offenen Antisemitismus, der sich zudem auch leider im gesamten politischen Spektrum finden lässt. Somit ist Aufklärung im Kontext von Verschwörungserzählungen auch immer zeitgleich Kampf gegen Antisemitismus.

Damit einher geht auch unsere ursprüngliche Illusion, dass unser Podcast im Kern unpolitisch sein könne, da wir uns „nur“ mit einer wissenschaftlich-kritischen Weltsicht beschäftigen wollten. Schon vor der Corona-Pandemie haben wir gemerkt, dass das nicht geht.

Was wäre, wenn sich doch mal eine Erzählung als wahr herausstellt? Wenn das Monster von Loch Ness endlich aus seinem Versteck auftaucht oder Aliens landen?
Das fände ich ganz großartig. Denn viele der Themen, die wir bearbeiten, sind Bestandteil der Popkultur und das ja nicht ohne Grund. Im Unterschied zu dogmatischen Weltsichten ist die Wissenschaft immer bereit, bei ausreichender Evidenz die Grundannahmen anzupassen. Wichtig ist uns dabei aber, weiter rational zu sein. Nur weil im obigen Beispiel dann die Existenz von Nessie wissenschaftlich belegt wurde, heißt es nicht automatisch, dass nun auch der Bigfoot Realität ist.

Was ist eine Ihrer Erkenntnisse aus den letzten 14 Jahren, in denen Sie sich mit Verschwörungserzählungen beschäftigt haben?
Sehr viele Menschen, die an Verschwörungserzählungen glauben und diese auch weiterverbreiten, ziehen ein Stück Selbstwirksamkeit daraus. Sie glauben, Geheimwissen zu besitzen, und können damit in Gesprächen sogar manchmal der Mittelpunkt des Interesses sein. In all den Jahren haben wir aber festgestellt, dass diese Selbstwirksamkeit auf der Basis von Verschwörungsmythen nur eine Illusion ist.

Verschwörungserzählungen sind langfristig nie konstruktiv, sondern immer destruktiv. Das erfahren gerade beispielsweise einige der Aufständler, die das Kapitol stürmten und nun zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden.

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