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Koch Jonas Zörner im Restaurant Golvet Kinder machen Fischstäbchen-Test mit Sternekoch im Golvet Berlin by Scarlett Werth in Berlin

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Spitzenkoch vs. Käpt’n Iglo: Wer macht die besseren Fischstäbchen?

Im Sternerestaurant „Golvet“ gibt es eine Kinderkarte mit Fischstäbchen und Chicken Nuggets. Schmecken die besser als aus der Tiefkühltruhe? Wir haben eine Testrunde geschickt, die es wissen muss. 

Von Felix Denk

Dass er mit anspruchsvoller Kundschaft klarkommt, hat Jonas Zörner hinlänglich bewiesen. Das „Golvet“, in dem er über Töpfe und Pfannen wacht, wird aktuell mit einem Stern im „Guide Michelin“ und zwei roten Hauben im „Gault & Millau“ geführt.

Vergangenes Jahr war Zörner zudem Berliner Meisterkoch. Kritikerinnen und Kritiker kann er also. Aber er stellt sich auch dem Urteil einer Zielgruppe, die mindestens so mäkelig ist: Kinder.

Als einziges Berliner Restaurant mit Stern bietet das „Golvet“ nämlich eine feste Kinderkarte an. Eingeführt hat sie Zörner, als er die Küche vor drei Jahren übernahm. „Ich finde es wichtig, dass auch Kinder bei uns was Ordentliches zu essen bekommen. Außerdem zeigt das, dass sie bei uns willkommen sind“, sagt der Küchenchef, selbst Vater eines siebenjährigen Sohnes.

Johan, 8 Jahre, mag Grießbrei und Nudeln mit Tomatensauce. Er hat schon mal einen Löffel Wasabi gegessen.
Johan, 8 Jahre, mag Grießbrei und Nudeln mit Tomatensauce. Er hat schon mal einen Löffel Wasabi gegessen.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Toni, 11 Jahre, war schon mal mit Oma im „Adlon“, sie isst kein Fleisch mehr, obwohl sie Schnitzel liebt. Rosenkohl findet sie „abartig“.
Toni, 11 Jahre, war schon mal mit Oma im „Adlon“, sie isst kein Fleisch mehr, obwohl sie Schnitzel liebt. Rosenkohl findet sie „abartig“.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Auf der Kinderkarte steht unter anderem, was man auch im Supermarkt in der Tiefkühltruhe bekommt: Fischstäbchen und Chicken-Nuggets etwa. Doch schmeckt es Kindern wirklich besser, wenn ein Sternekoch Hand anlegt, als wenn Käpt‘n Iglos Fang auf den Tellern landet?

Schrecksekunde: Schnittlauch auf dem Kartoffelpüree

Wir haben ein Testerteam vorbeigeschickt, das es wissen muss. Mit dabei sind Toni, 11 Jahre. Sie war schon mal mit Oma im Adlon und hat vor einer Woche beschlossen, kein Fleisch mehr zu essen, obwohl sie so gerne Schnitzel mag. Ada, ebenfalls fünfte Klasse, liebt Pizza und Burger, war noch nie bei „McDonald’s“ und hasst Spinat. Den wiederum mag ihr Bruder Johan, 8, der schon mal einen Löffel Wasabi gegessen hat.

Ansonsten liebt er Grießbrei und Nudeln mit Tomatensauce. In der Schule schmeckt es ihm nicht, und er vermisst Anett, die in der Kita auch mal Eierkuchen gebraten hat. August, 8 Jahre, mag lieber Kartoffeln als Pommes, seine Red Flag sind ganz klar Tomaten. Oskar, 10, steht auf Ramen und Döner, bei Tofu und Spinat hört es bei ihm auf. Er hat sich mal ein halbes Jahr lang ausschließlich von Vanillejoghurt ernährt.

Herzensangelegenheit. Als Jonas Zörner die Küche im „Golvet“ übernahm, führte er eine feste Kinderkarte ein. Auch junge Gäste sollen sich willkommen fühlen.
Herzensangelegenheit. Als Jonas Zörner die Küche im „Golvet“ übernahm, führte er eine feste Kinderkarte ein. Auch junge Gäste sollen sich willkommen fühlen.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Freitag-Nachmittag. Durch die Panoramafenster im achten Stock sehen die Autos am Potsdamer Platz aus wie Lego-Spielzeug. In der offenen Küche herrscht konzentrierte Stille. Das Team werkelt an filigranen Gängen aus dem Herbstmenü: Müritzhecht mit Mangold und Roscoff-Zwiebeln oder Krause Glucke mit Kalbskopf und Vin Jaune. Nebenher bereiten sie fünf Teller vor. Darauf Kartoffelbrei, Gemüse, Fischstäbchen und Chicken-Nuggets.

Überraschung: Keiner fragt nach Ketchup

Die Kinder bestellen erstmal munter Fanta und Sprite. Weil: Eltern nicht da. Muss man ausnutzen. Als das Essen kommt, wackelt August nervös mit den Füßen: Schnittlauch auf dem Kartoffelpüree! „Da hat man keine Chance“, murmelt er. Den Brei rührt er nicht an. Mit der Gabel piekt er vorsichtig die Erbsen drumherum auf, die er unter normalen Umständen ignorieren würde. Oskar riecht erstmal, bevor er probiert. Die vegetarische Toni bekommt natürlich nur Fischstäbchen serviert. Knusprig, findet sie, und hebt den Daumen. „In der Schule schmecken sie nach Plastik.“

Koch und die Kritiker:innen: August, Toni, Ada, Johan und Oskar (v.l.) und in der Mitte Jonas Zörner.
Koch und die Kritiker:innen: August, Toni, Ada, Johan und Oskar (v.l.) und in der Mitte Jonas Zörner.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Johan versucht, möglichst viele Erbsen auf der Gabel zu balancieren. Vier schafft er in Reihe zwischen zwei Zinken, bei der fünften purzeln sie wieder runter. Den Kartoffelbrei findet er „mega“, weil: cremiger als Zuhause, wo Papa kocht. „Da ist er eher stückig“. Ada nickt. Sie hat aufgegessen und fragt, ob das nun schon das Abendessen war.

In der Schule schmecken die Fischstäbchen nach Plastik.

Toni, 11 Jahre

Fazit: „Drei Sterne!“, urteilt Toni mit großer Bestimmtheit. Die Testrunde ist sich einig: Hier schmeckt es deutlich besser als in der Schule. Auch besser als Käpt’n Iglo? Nachdenkliche Stille. Dann Nicken am Tisch.

Pro-Tipps: So gelingen Sterne-Stäbchen zu Hause

Und wie gelingen die Drei-Sterne-Stäbchen und -Nuggets zu Hause? Hier vier entscheidende Tricks:

August, 8 Jahre, hat kein Lieblingsessen. Er mag Kartoffeln lieber als Pommes, aber Brot lieber als Kartoffeln. Schnittlauch geht er aus dem Weg. Tomaten auch.
August, 8 Jahre, hat kein Lieblingsessen. Er mag Kartoffeln lieber als Pommes, aber Brot lieber als Kartoffeln. Schnittlauch geht er aus dem Weg. Tomaten auch.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Kartoffelpüree: „Damit tun sich auch gestandene Köche schwer“, sagt Zörner. Sein Tipp: Die Kartoffeln in Schale kochen, dann schälen und ausdampfen lassen, „damit das Püree nicht schleimig wird“, anschließend mit einer Kartoffelpresse pressen (nicht stampfen), mit Butter, Sahne, Salz sowie einem Spritzer Limette abschmecken und durch ein Sieb streichen. Und: Ruhig mit der Sorte experimentieren. In seinem Menü (für Erwachsene) hat Zörner auch gerade ein Püree, dafür nimmt er Bamberger Hörnchen. Die sind sogar festkochend.

Fleisch und Fisch: Für Fischstäbchen sind Kabeljau und Seelachs gut geeignet, aber auch Süßwasserfische. „Letzten Sommer waren wir in Schweden, da hab ich einen Hecht geangelt, hat auch gut funktioniert.“ Für die Nuggets nimmt er die Keulen, die sind saftiger und aromatischer. „Im Grunde ist das ein Backhendl, aber wir nennen es Nuggets, das kennen die Kinder.“

Fisch und Fleisch legt Zörner für zehn Minuten in zehnprozentiger Lake ein (also etwa 100 g Salz auf einen Liter Wasser). Das hat zwei Vorteile: Man gibt Fisch und Fleisch Würze und Struktur. Dadurch lässt es sich auch leichter verarbeiten.

Panade: Wenn im „Golvet“ was vom guten Domberger-Brot übrig bleibt, reiben sie es zu Paniermehl. „Würde ich auch für zu Hause empfehlen“, sagt Zörner. Und statt das ganze Ei zu verkleppern, nimmt er nur das Eiweiß. Das klebt genauso.

Oskar, 10 Jahre, liebt Ramen und Döner, bei Tofu und Spinat hört es bei ihm auf. Seit dem Besuch im „Golvet“ überlegt er, Kellner zu werden.
Oskar, 10 Jahre, liebt Ramen und Döner, bei Tofu und Spinat hört es bei ihm auf. Seit dem Besuch im „Golvet“ überlegt er, Kellner zu werden.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Ada, 10 Jahre, mag Pizza und Burger, aber nichts, was scharf schmeckt. Sie wäre gern noch zum Abendessen im „Golvet“ geblieben.
Ada, 10 Jahre, mag Pizza und Burger, aber nichts, was scharf schmeckt. Sie wäre gern noch zum Abendessen im „Golvet“ geblieben.

© Scarlett Werth für den Tagesspiegel

Frittieren: Im Restaurant kommen Fischstäbchen und Chicken-Nuggets natürlich in die Fritteuse. Nur hat sowas kaum jemand Zuhause. Es gelingt aber auch gut in der Pfanne, mit etwas mehr Pflanzenöl (mit hohem Rauchpunkt). „Wichtig ist, dass man zweimal frittiert.“ Einmal bei 150 Grad, bis das Gargut hellbraun ist, dann kurz abkühlen lassen, damit die Feuchtigkeit verdampft. Und nochmal kurz bei 190 Grad, bis eine schöne goldbraune Farbe entstanden ist.

Und wie ist die Stimmung am Tisch der Testrunde? Teller leer, Kinder satt und selig, dann aber kommt Unruhe auf. Oskar versucht, einen Bubble Tea zu bestellen. Aber da muss sogar die preisgekrönte Bar vom „Golvet“ passen.

Übrigens: Nach Ketchup hat keiner gefragt.

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