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Ein Absperrband der Polizei wird im Kelten-Römer-Museum gespannt.

© dpa / Peter Kneffel

Goldschatz gestohlen: Hunderte keltischer Münzen in Bayern weg

Ein schwerer Diebstahl ereignete sich im Kelten-Römer-Museum in Manching. Nun wird um den antiken Fund gebangt. Wird die Münze zu Gold eingeschmolzen?

Zumindest an diesem Mittwoch bleibt das Kelten-Römer-Museum im oberbayerischen Manching geschlossen. Auch sei das Team wegen einer Telefonstörung „weder telefonisch noch über Email derzeit erreichbar“, heißt es auf der Homepage. Was aber in der Nacht zum Dienstag in diesem Museum der Marktgemeinde geschehen ist, nennt Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) ein „Katastrophe“.

Besucher, Kassenpersonal und Museumspädagogen müssen jetzt und sicherlich noch einige weitere Tage draußen bleiben, stattdessen sind die Kriminaltechniker an der Arbeit. Denn der größte Schatz dieses Museums, 483 Goldmünzen, ist weg. Gestohlen.

Das Gold stammt von den Kelten, die um das Jahr 100 vor Christus in Manching ein großes Siedlungsgebiet hatten. Und das Gold, erst 1999 bei Grabungen entdeckt, ist der größte Keltenschatz, der im 20. Jahrhundert in Europa gefunden wurde.

1,6
Millionen Euro sollen die Goldmünzen wert sein

Niemand wird jetzt müde zu betonen, wie kulturhistorisch wertvoll und unersetzlich diese Münzen sind – Blume nicht und auch nicht Rupert Gebhard, der in München die Archäologische Staatssammlung leitet, an die Manching angeschlossen ist.

Als äußerst dreist oder auch eiskalt kann man das Vorgehen der Räuber bezeichnen. Erst einmal haben sie, so wird auf der Pressekonferenz am Nachmittag offiziell bestätigt, die Alarmsicherung des Museums untauglich gemacht.

Um 1.17 Uhr wurden, so berichtet Guido Limmer, Vize-Präsident des Bayerischen Landeskriminalamts, an einer Telekom-Verteileranlage in Manching „viele Kabel abgezwickt“. Der Ort mit seinen knapp 13000 Einwohnern hatte damit kein Telefon und kein Internet.

Klar ist, du marschierst nicht einfach so in ein Museum rein und nimmst dann diesen Schatz mit

Markus Blume, Kunstminister

Neun Minuten darauf, 1.26 Uhr, hebelten die Täter – die Ermittler gehen von mehreren aus – eine Fluchttür des Museums auf. Dies wurde von der Alarmanlage registriert, das konnte aber nicht automatisch an die Polizei weitergemeldet werden. Vom Verteilerkasten zum Museum liegt nur ein Kilometer Entfernung, in den neun Minuten ist diese Distanz laut Limmer problemlos zu bewältigen.

Videos zeigen weiter, dass das Gebäude erneut neun Minuten später wieder verlassen wurden, um 1.35 Uhr. Der Telefon- und Internet-Ausfall wurde in dem zehn Kilometer südöstlich von Ingolstadt gelegenen Ort gleich bemerkt. Die Polizei fuhr vermehrt Streife und schaute vor allem dort vorbei, wo möglicherweise Geld lagert, etwa bei Banken. Das Museum indes hatte keiner auf dem Schirm.

Erst als die Mitarbeiter am Dienstag mit der Arbeit begannen, stellten sie fest: Das Gold ist weg. Um 9.45 Uhr ging die Meldung bei der Polizei ein. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln nun unter anderem wegen schweren Bandendiebstahls, wie der Ingolstädter Staatsanwalt Nicolas Kaczynski sagt.

Auch im Berliner Bode-Museum wurde Ende März 2017 eine 100 Kilogramm schwere Big-Maple-Leaf-Goldmünze gestohlen.
Auch im Berliner Bode-Museum wurde Ende März 2017 eine 100 Kilogramm schwere Big-Maple-Leaf-Goldmünze gestohlen.

© AFP / CHRISTOF STACHE

Näheres wird aus den so genannten ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt gegeben. Derzeit werden die Überwachungskameras des Museums ausgewertet, ob brauchbare Fotos von Tätern vorhanden sind.

Raub von wertvollem Gold und Juwelen aus Museen – das hatten wir doch schon. Ende März 2017 war in Berlin im Bode-Museum die 100 Kilogramm schwere Big-Maple-Leaf-Goldmünze gestohlen worden, ein Unikat, der Materialwert lag damals bei 3,8 Millionen Euro.

Zwei Mitglieder eines arabischstämmigen Clans wurden drei Jahre darauf für den Diebstahl verurteilt und erhielten Haftstrafen von je viereinhalb Jahren. Ende November 2019 wiederum wurden im Grünen Gewölbe in Dresden 4300 Diamanten im Wert von 114 Millionen Euro geraubt. Gegen die vier Angeklagten, die schon ein langes Vorstrafenregister hatten, läuft derzeit ein Prozess. Vom Schmuck und Gold fehlt nach wie vor jede Spur, vermutlich wurde die 100-Kilo-Münze eingeschmolzen und das Gold verkauft.

Ich könnte heulen

Rupert Gebhard, Archäologische Sammlung

Die Ermittler sehen natürlich Parallelen zu Manching. Man sei im Austausch mit den Kollegen in Berlin und Dresden, meint der LKA-Mann Limmer, aber mehr sagt er auch nicht. Kunstminister Blume geht von einem Fall von organisierter Kriminalität aus, denn, so sagt er im Bayerischen Rundfunk (BR): „Klar ist, du marschierst nicht einfach so in ein Museum rein und nimmst dann diesen Schatz mit.“ Die Polizei hat eine 20-köpfige Sonderkommission „Oppidum“ gebildet – so der Name der damaligen keltischen Großsiedlung.

Welchen Wert der Schatz von Manching hat, darüber wurden am Mittwoch ganz unterschiedliche Angaben gemacht. Rupert Gebhard von der Archäologischen Sammlung führt aus, dass die insgesamt 3,724 Kilogramm schwere Sammlungen einen reinen Goldwert von gegenwärtig etwa 250000 Euro hat.

Es gibt aber auch einen Handelswert für die einzelnen Münzen, je nach Seltenheit und Prägung zahlen Sammler deutlich mehr als den Goldpreis. Da geht Gebhard von 3000 bis 4000 Euro pro Stück aus, das wären dann 1,6 Millionen Euro.

Allerdings sind die Münzen „gut dokumentiert“, Gebhard hält es für schwer denkbar, dass sie illegal einzeln verkauft werden können. Die schlimmste Variante ist die wahrscheinlichste: Finden die Fahnder die Münzen nicht, dann dürften sie eingeschmolzen und für den Goldpreis verkauft werden. „Ich könnte heulen“, hatte Gebhard der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt. Mit dem Raub beginnt erneut die Debatte, inwieweit Museen bestmöglich geschützt sind, und ob man solche Stücke nicht lieber als Kopien zeigen sollte.

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