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Hundewelpen in einem Zwinger im Tierheim in Stuttgart.

© picture alliance / Marion Wünn

Hunde und Katzen aus dem Ausland: Die Haustiermafia

Der Onlinehandel mit Vierbeinern boomt. Dabei kommen die Tiere oft illegal nach Deutschland. Nun will die EU dem Geschäft einen Riegel vorschieben.

Deutschland hat ein Problem mit offenen Grenzen. Aber nicht, weil sich Menschen innerhalb des Schengen-Raums der Europäischen Union ohne Passkontrolle über Grenzen hinweg bewegen können. Sondern, weil Hunde und Katzen das auch können. Neun Millionen Hunde leben laut der Statistikseite Statista in Deutschland, ähnlich viele Haushalte halten mindestens eine Katze. Viele dieser Tiere stammen vom Schwarzmarkt. Deutschland sei ein Empfängerland der illegal gehandelten Tiere, sagt die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt. „Es ist ein deutsches Problem, weil wir die Tiere haben“, sagt Burkhardt.

555000 Hunde werden zwischen den EU-Staaten jeden Monat gehandelt, Zahlen zum Handel mit Katzen liegen nicht vor. Nur knapp 21000 der gehandelten Hunde sind registriert, bei Katzen sind es 2300, wie aus einer Studie im Auftrag der Europäischen Kommission hervorgeht. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass ein Großteil des Handels illegal abläuft. Es soll das drittgrößte illegale Geschäftsfeld nach Drogen- und Waffenhandel sein.

Insgesamt wird laut einer Studie der Europäischen Kommission 1,3 Milliarden Euro jährlich mit dem Verkauf von Hunden und Katzen verdient. Die Dunkelziffer für Umsätze am Schwarzmarkt liegt, je nach Schätzung, teilweise weit darüber. Das Europäische Parlament stimmte am Mittwoch für eine Resolution, den illegalen Tierhandel in der EU einzudämmen. Aber um zu verstehen, was das konkret bedeutet, muss man an den Anfang des Problems.

In Deutschland ist genau festgelegt, wie Tiere registriert werden müssen: Impfnachweise, Mikrochip, dazu gibt es den Heimtierausweis – eine Art Haustier-Reisepass. Viele EU-Länder haben ähnliche Regeln, die auf die Zucht und deren Dokumentation abzielen oder auf die Registrierung von Züchtern und Tierhändlern.

Diese Systeme sind aber unterschiedlich streng und häufig werden Verstöße nicht geahndet. Das führe zu einem Preisgefälle zwischen verschiedenen Ländern, sagt Europaabgeordnete Burkhardt, und letztendlich dazu, dass Tiere häufig günstig im Ausland gekauft würden. Und weil in der EU der freie Warenverkehr gilt, können Tiere etwa nach Deutschland überführt werden, völlig legal, sofern man sich an die Transportgesetze hält.

Viele Tierhändler schrecken aber auch vor illegalen Praktiken nicht zurück. Burkhardt spricht von „Intensivzucht“ in Osteuropa, vor allem in Ungarn, Polen, Rumänien und Tschechien würden auf Welpenfarmen Hunde für den Schwarzmarkt gezüchtet. Behördliche Kontrollen fänden so gut wie nicht statt. Viele der Hunde und Katzen werden zu früh – schon nach wenigen Wochen – von ihren Muttertieren getrennt, sind ungeimpft und krank.

Die Tiere landen oft im Heim

Ärzte helfen, die Papiere für die Tiere zu fälschen, wie die Tierschutzorganisation Dogs Trust recherchiert hat. Mit diesen Dokumenten landen sie bei ihren Kunden in westlichen EU-Ländern. Das könne auch zum Problem für Menschen werden, sagt Peter Liese (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher im Europaparlament, denn: „Krankheiten können von Tieren auf Menschen überspringen.“

Gekauft werden die Tiere oft über das Internet. Wer etwa auf Plattformen wie Ebay-Kleinanzeigen nach Welpen sucht, findet schnell junge Hunde zum Verkauf. Dafür gab es viel Kritik von Tierschützern. Mittlerweile hat Ebay reagiert und bei Tieranzeigen einen Hinweis eingebaut, der vor unsauberen Geschäften warnt.

Tierhalter, die einem illegalen Geschäft aufgesessen sind, seien oft überfordert, sagt Marion Wünn, Leiterin des Tierschutzverein Stuttgart. Viele könnten sich nicht leisten, etwaige Krankheiten dann zu behandeln. Dann landen die Hunde und Katzen bei ihr im Heim. Sie plädiert dafür, dass grenzüberschreitender Handel und der Online-Verkauf von Hunden und Katzen komplett verboten werde. Dieser Wunsch wird sich aber so schnell nicht erfüllen.

Das Parlament ruft die EU-Kommission zum Handeln auf

Im EU-Parlament herrschte am Mittwoch zwar große Einigkeit bei dem Thema. Mit nur drei Gegenstimmen stimmten die Abgeordneten für einen Beschluss, um den illegalen Handel mit Tieren zu stoppen. Das Parlament ruft nun die EU-Kommission zum Handeln auf – denn nur dort können EU-Gesetze auf den Weg gebracht werden, die für einheitliche Regeln in allen Mitgliedsländern sorgen.

Das hat aber schon bei einem vorhergehenden, weitgehend gleichen Beschluss im Jahr 2016 nicht funktioniert. Die SPD-Europaabgeordnete Burkhardt hofft nun, dass das Thema im Bundestag Gehör findet. Dort könnte sich ein Blick ins Nachbarland lohnen: In Österreich dürfen Tiere nicht mehr online verkauft werden.

Florian Gann

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