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Oberlandesgericht, Prielmayerstrasse, München

© imago/Joko

Judenverfolgung nicht relativiert : Bayerisches Landesgericht hebt Volksverhetzungsurteil gegen AfD-Mann auf

Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Florian Jäger wurde vor dem obersten Gericht Bayerns freigesprochen. 2021 hatte ein Facebook-Video von ihm zu den Corona-Maßnahmen Aufsehen erregt.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat eine Verurteilung des ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Florian Jäger wegen Volksverhetzung nach einem Vergleich der Corona-Impfkampagne mit den von den Nationalsozialisten 1938 verübten Novemberpogromen aufgehoben.

Gegen den Freispruch für den ursprünglich vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck und dann vom Landgericht München II zu einer Geldstrafe verurteilten Jäger gibt es keine Rechtsmittel mehr, wie das Gericht am Mittwoch in München mitteilte.

Der bis 2021 für die AfD im Bundestag sitzende 52-Jährige hatte den Vergleich in einem Facebook-Video gezogen. In dem Verfahren vor dem Landgericht München II bezeichnete der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, Jäger als „Zündler“.

Nach Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts sind die Äußerungen des Manns keineswegs zwingend als Vergleich zwischen dem Umgang mit Ungeimpften während der Coronapandemie und dem Umgang mit Juden in Deutschland 1938 anzusehen.

Von der Meinungsfreiheit gedeckt

Nach dem Gesamtzusammenhang liege mindestens genauso nahe, dass der Angeklagte zum Ausdruck habe bringen wollen, dass von der Politik immer einfache und populistische Lösungen und „Sündenböcke“ gesucht würden - und dass das 1938 die Juden und heute die Ungeimpften seien, entschied das Bayerische Oberste Landesgericht.

Dafür spricht der Entscheidung zufolge, dass der Mann die Judenverfolgung weder verneint noch relativiert habe. Er habe vielmehr darauf verwiesen, dass die Juden an der damaligen wirtschaftlichen Situation im Deutschen Reich genauso wenig schuld gewesen seien wie die Ungeimpften an der Coronapandemie.

Die Politik sei den Äußerungen des Manns zufolge vielmehr im NS-Regime wie heute auf der Suche nach Schuldigen, gegen die sich der Volkszorn richten solle. In dieser Deutung aber seien die Äußerungen des Manns vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit gedeckt, entschied das Gericht.

Gleichzeitig habe der Senat klargestellt, dass eine Gleichsetzung von Maßnahmen gegen Ungeimpfte mit der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung bei den Novemberpogromen den Tatbestand der Volksverhetzung grundsätzlich aber erfülle. (AFP)

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