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Ein Skatspieler ordnet nach der Aufnahme des Skates in Altenburg (Thüringen) seine Karten.

© Marc Tirl /dpa

Marathon: 25 Stunden am Stück Skat spielen

Jana Schillings spielt Skat-Turniere und arbeitet als Rentner-Animateurin. Warum Skat so viele Menschen begeistert und trotzdem seltener gespielt wird

„Das Spiel ist kompliziert, aber abwechslungsreich“, sagt Hans-Jürgen Homilius, der mit 14 Jahren begonnen hat Skat zu spielen. Heute ist er 71 und Präsident des Deutschen Skatverbandes im thüringischen Altenburg.

Wo auch sonst? In Altenburg wurde 1810 unter anderem vom damaligen Geheimrat, Hans Karl Leopold von Gabelentz, das Skatspiel erfunden. Spiele wie Wendischer Schafkopf, L'Hombre und Tarock wurden von Gabelentz und seinen Spielkameraden als Vorlage genutzt für eine neue Kreation. Bei dem Namen Skat bedienten sich die Erfinder im italienischen, scartare bedeutet „Karten ablegen“.

Skat spielt jeder anders mit immer anderen Karten, es gibt unendliche Möglichkeiten im Spiel. Der Variantenreichtum macht es so interessant, obgleich nur drei Personen mit insgesamt 32 Karten spielen. Meistens sitzen Männer am Tisch. Der deutsche Skatverband hat 19 000 Mitglieder, nur ein Bruchteil davon ist weiblich. Und nur rund 1000 Kinder und Jugendliche spielen hierzulande Skat im Verein. Der potenzielle Nachwuchs daddele lieber mit dem Handy oder sitze am Computer und habe kaum Interesse am Vereinssport, meint Homilius. „Es ist ganz schwierig, Nachwuchs zu bekommen“, seufzt der Präsident.

Jana Schillings, Jahrgang 1971, gehört nicht mehr in die Kategorie Nachwuchs. Die gebürtige Potsdamerin hat als Zugführerin bei der Reichsbahn sowie in der Kneipe ihrer Eltern Skat gelernt. „Die Alten haben uns 16-jährigen Lehrlingen das Geld aus der Tasche gezogen“, erinnert sich Schillings an die ersten Erfahrungen. Sie hat gelernt, auch aus bösen Niederlagen. Einmal verspielte Schillings 2500 Euro an einem Abend. „Da war ich pleite und habe mir fest vorgenommen, nie wieder wollte ich mich so abziehen lassen.“

Jana Schillings nach einem Turnier-Sieg.
Jana Schillings nach einem Turnier-Sieg.

© Promo

2019 war ihr bislang erfolgreichstes Jahr mit diversen Turniersiegen. Bei einem Marathon in Rathenow spielte sie rund 25 Stunden am Stück und gewann 1000 Euro. In Schwerin reizte sie sich unter 200 Teilnehmern auf Platz eins und fuhr mit 700 Euro nach Hause. Und in einem Touristenbunker an der türkischen Mittelmeerküste schnitt sie im Herbst auch gut ab. „Ich war Rentner-Animateurin“, berichtet Schillings von ihrer Skat-Erfahrung in der Türkei im Kreise deutscher Landsleute. Der Spielführer war 79 Jahre alt. „Skat ist ein Denksport“, meint die 49-jährige Schillings.

Auch der Skatverband veranstaltet Skat-Reisen in Urlaubsgebiete („Gut Blatt auf Reise“), unter anderem in Urlaubsgebiete ans Mittelmeer. „Die Verbindung aus Urlaub und Hobby ist attraktiv“, sagt Homilius. Vor allem für ältere Männer mit Zeit und Geld.

Im Krieg wurde viel Skat gespielt

Nach drei Stichen sollte der erfahrene Spieler wissen, welche Karten die beiden Mitspieler auf der Hand haben. Erste Hinweise darauf gibt es bereits beim Reizen. Und dann macht das richtige Maß an Angriffslust und Risikofreude den guten Spieler aus. Und schlicht Routine: „Ein erfahrener Skat-Spieler macht keine leichten Fehler mehr“, sagt Präsident Homilius. Und er oder sie weiß, wann Angriff angesagt ist.

Skat ist ein deutsches Spiel. Von den 20 Weltmeistern, die alle zwei Jahre ermittelt werden, stammten in den vergangenen Jahrzehnten 18 aus deutschen Landen. Die Verbreitung hierzulande erklären Skathistoriker auch mit der über die Jahrhunderte ausgeprägten deutschen Bereitschaft zum Krieg.

Zumal in den Schützengräben des ersten Weltkriegs, in denen sich die Soldaten während der ewigen Stellungsgefechte die Langeweile mit Karten vertrieben. „Zum Heben der Moral und zur Ablenkung von den Gräueln des Krieges bedurfte es der Zerstreuung“, heißt es dazu bei der deutschen Skatinsel, einer Internetplattform, auf der Skat gespielt werden kann. Es wurden Karten mit patriotischen Motiven hergestellt und kostenlos an die Soldaten verteilt. Neben patriotischen Sprüchen wurden Schlachten, Hochadel, Generäle und sogar Kaiser Wilhelm als Pik König abgebildet.

Und auch die jüngste deutsche-deutsche Geschichte hält ein Skat-Anekdote parat. Anfang der 1980er Jahre kamen sich an der innerdeutschen Grenze im Vogtland Grenzsoldaten sowie ein Bautrupp auf der DDR-Seite und bayerische Grenzpolizisten auf der anderen Seite mit Hilfe des Skat näher. Über das die Systemgrenzen überwindende Spiel entstand nach der Wende eine Dokumentarfilm: „Skat unterm Stacheldraht“.

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