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Zu viel Werbung fürs Buschkowsky-Buch? Nein, dem Tagesspiegel wird eher vorgeworfen, zu kritisch mit Neuköllns Bürgermeister zu sein.

© dpa

Vom Netz genommen (11): Werbung! Kampagne! Was Apple mit Buschkowsky vereint

Was hat denn der Global Player Apple mit dem Bezirksbürgermeister Buschkowsky zu tun? Genug, um sie hier in unserer Debattenkolumne zusammenzubringen. Es geht dabei um Kritik unserer Leserinnen und Leser. Diskutieren Sie mit!

Von Markus Hesselmann

Beide verbindet eine bestimmte Art von Kritik aus der Leser-Community, die häufig vorkommt und uns sehr zu denken geben muss. Und zwar der Vorwurf, dass wir bei unserer Themenwahl womöglich eine andere, versteckte Agenda verfolgen, die nichts mit Journalismus zu tun hat.

"Was soll die ständige Apple-Werbung?", fragt zum Beispiel Leser "kinski80" in seinem Kommentar zu unserem Beitrag über die anstehende Eröffnung des ersten Apple-Stores in Berlin am Kurfürstendamm. "Wie oft soll hier noch zum Apple-Store berichtet werden? Wieso richten Sie nicht gleich einen Live-Ticker ein? Unglaublich." Mein Kollege Cay Dobberke hat schon im Einzelnen in unserem Forum auf diese Kritik geantwortet, mit der "kinski80" nicht allein steht. Aber ich möchte hier gern noch einmal grundsätzlich dazu Stellung nehmen.

Der Vorwurf, wir betrieben Werbung statt Journalismus, kann sich potenziell an jedem Beitrag über ein Unternehmen oder eine Marke entzünden. Für mich als verantwortlicher Redakteur ist dabei vor allem ein Punkt maßgeblich: Ich muss publizistisch entscheiden, ob ich einen Beitrag auf Tagesspiegel.de haben möchte oder nicht. Für Wirtschaftsthemen gelten dabei dieselben Kriterien wie bei jedem anderen journalistischen Text, zuallererst: Kann ich davon ausgehen, dass sich unsere Leserinnen und Leser für das Thema interessieren. Kriterien in diesem konkreten Fall wären zum Beispiel: der lokale Bezug zu einem zentralen Berliner Boulevard, dessen Bedeutung für Stadtentwicklung und lokale Wirtschaft wir ohnehin stets kritisch beobachten; die weltweit hohe Bedeutung der Firma Apple und ihrer technischen Innovationen; der Premierencharakter, denn es handelt sich hier nun einmal um den ersten Laden dieser Art in Berlin.

Ich darf mich, um glaubwürdig zu bleiben, bei dieser publizistischen Entscheidung nicht von persönlichen Interessen leiten lassen und auch nicht von den Interessen anderer, zum Beispiel der Firma Apple, der Händlergemeinschaft Kurfürstendamm, der Berliner Stadtvermarkter, lokaler Politiker oder der Anzeigenabteilung des Tagesspiegels. Im Umkehrschluss gilt: Ich werde aber auch nicht aus Prinzip die Finger von diesem Thema lassen, nur weil es potenziell jemandem Dritten nützen könnte. Ich entscheide unabhängig und das können unsere Leserinnen und Leser auch so von mir erwarten.

Das gleiche, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen, gilt im Fall Buschkowsky. Hier wird uns das Gegenteil von Werbung vorgehalten, nämlich dass wir eine Kampagne gegen Neuköllns Bezirksbürgermeister führen. So zuletzt in der Frage, ob und in welchem Umfang Mitarbeiter des Bezirksamts dem Bürgermeister Buschkowsky bei der Arbeit an seinem Buch "Neukölln ist überall" halfen. Als Motiv wird uns dann oft unterstellt, uns gefiele nicht, was Buschkowsky sagt und schreibt. "Herr Buschkowsky hat sich in Sachen Integration verdient gemacht", schreibt unser Leser "torre" in seinem in dieser Diskussion durchaus beispielhaften Kommentar. "Dass der ansonsten geschätzte Tagesspiegel in Bezug auf Buschkowsky eine Neiddebatte entfacht, enttäuscht mich sehr. Es ist einfach zu billig und niveaulos, wenn immer die Wenigen, die sich trauen, Integrationsprobleme anzusprechen und das mit kenntnisreichen Fakten untermauern, mit primitiven Mitteln diskreditiert werden, anstelle darüber zu sprechen, wie man die unhaltbaren Zustände endlich beseitigt."

Ich denke, ich kann darauf mit gutem Gewissen antworten. Der Tagesspiegel muss sich kaum vorwerfen lassen, sich inhaltlich nicht mit Buschkowskys Thesen zur Integration auseinanderzusetzen. Dafür steht eine Vielzahl von Berichten, Interviews, Analysen und Kommentaren, letztere sowohl zustimmend als auch kritisch. Aber selbst wenn jemand etwas Wichtiges zu einer gesellschaftlichen Debatte beiträgt, ist er als Amtsträger damit doch nicht vor journalistischer Recherche gefeit. Ich halte die Frage nach dem Zustandekommen des Buschkowskyschen Bestsellers mit Blick auf eine mögliche Verknüpfung öffentlicher und privater Interessen für absolut legitim. Wir werden in dieser Sache selbstverständlich weiterrecherchieren.

Und jetzt sind Sie wieder dran, liebe Leserinnen, liebe Leser. Was meinen Sie? Halten Sie meine Argumentation für schlüssig? Oder sind Sie ganz anderer Ansicht? Habe ich Aspekte vergessen? Und halten Sie manche unserer Beiträge tatsächlich für zu werbend? Wie sehen Sie das im Fall Apple? Und der Vorwurf der Kampagne im Fall Buschkowsky? Ist er berechtigt oder weit hergeholt? Gibt es andere Beispiele neben Buschkowsky? Kommentieren und diskutieren Sie mit! Nutzen Sie dazu bitte die einfach zu bedienende Kommentarfunktion etwas weiter unten auf dieser Seite.

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