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Gefahr durch Corona-Mutanten: Anne Will und ihre Gäste diskutieren.

© von https://daserste.ndr.de/annewill/index.html

„Anne Will“ zu Virus-Mutanten: Max Mustermann bleibt auf der Strecke

Die Coronavirus-Varianten liefern neuen Diskussionsstoff für Anne Will und ihre Gäste. Das Wort „Zumutung“ stand zu Recht im Sendungstitel.

Neue Corona-Mutationen sind mittlerweile auch in Deutschland angekommen, in Berlin steht etwa das Humboldt-Klinikum wegen des Ausbruchs der Variante B117 unter Quarantäne. Ein passender Zeitpunkt für Anne Will, am Sonntagabend zu fragen: Wie viel „Zumutung“ braucht es jetzt – mit Blick auf die neuen Mutanten?

„Zumutung“: Das klingt nach einmal mehr verlängertem Lockdown, nach mehr Kontrollen, noch mehr Beschränkungen. Darum ging es in der Sendung dann eher weniger. Auch die neuen Corona-Varianten kamen erstaunlich kurz. Stattdessen diskutierten die fünf Gäste eher „olle Kamellen“, die pandemie-müde Zuschauer zum Umschalt-Klick auf der Fernbedienung verführt haben dürften.

Zumindest eine Erkenntnis hat sich bei allen Talkgästen durchgesetzt: Man muss die Menschen motivieren, im zähen Ringen gegen Corona weiter mitzumachen. Sagt Uwe Jannsens, Chefarzt am St. -Antonius-Hospital in Eschweiler. Findet Malu Dreyer, SPD-Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Ist die Meinung von Helge Braun, CDU-Politiker und Chef des Bundeskanzleramts – der sogar am Rande erwähnte, man würde schon gerne „ab Mitte Februar eine Öffnungsstrategie machen“.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, ist logischerweise qua Amt für mehr Freiheiten, offene Läden und Menschen-Mitnahme. Wie das gelingen soll, bleibt in so einer Runde natürlich ungeklärt; auch Vanessa Vu, Redakteurin von „Zeit Online“ und Befürworterin des #ZeroCovid-Plans blieb schwammig mit „Das ist eine fundierte Strategie mit langfristiger Zukunftsperspektive.“

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Wie diese genau aussehen soll – außer, dass Bürger und Bürgerinnen je nach Inzidenz per Ampelsystem in ihren Landkreisen mit oder ohne Beschränkungen leben müssten – bleibt, wie vieles bei Anne Will, vage. Inwiefern Ampelsysteme oder sogar Betretungsverbote anderer Landkreise Menschen motivieren sollen, ebenso.

Dass so etwas anstatt zu Motivation zu sehr bösem Blut führen kann, lässt sich gerade hervorragend in Bayern beobachten: Dort echauffieren sich Münchner darüber, nicht mehr in ihre Lieblings-Ausflugsregionen fahren zu dürfen – und fahren trotzdem. Die wütenden Landbewohner kontern unter anderem mit nicht gerade einfühlsamen „Verpisst euch“-Schildern. Ampeln wurden aus guten Gründen für den Straßenverkehr erfunden, eher weniger für sensible, emotional aufgeladene zwischenmenschliche Bedürfnisse.

Vertretbare Inzidenzzahl? Bei Herrn Hüther wäre es die 100, die lang beschworene 50 schwirrte durchs Studio, die 10 ist heiß im Kommen, die 0 wäre so etwas wie 16 Punkte in einer Oberstufenklausur: Jeder will sie, kaum jemand vermutet, sie je zu Gesicht zu bekommen – weil sie möglicherweise eine Utopie ist und bleibt.

Aber eigentlich ist das auch gar nicht so wichtig: Wichtig wäre eine Zahl, die die Gesundheitsämter entlastet. Die Frage bleibt, ob eine arme, unschuldige Zahl Ämter entlasten kann – oder ob man es nicht vielleicht doch mit einer länderübergreifenden, funktionalen Software versuchen sollte. Mittelprächtiges Fazit: Um besagte Software ist es in etwa so bestellt wie um die Impfung. Sie ist in Arbeit. Vielleicht klappt es dann mal im Herbst.

Der Überblick geht verloren

Uwe Jannsens brachte gegen Ende der Debatte ein recht schlüssiges Argument: Wenn 16 Ärzte mit 16 Meinungen an einem Patienten herumpfuschen, wird der Patient eher kränker als gesünder. Und sucht sich im Zweifelsfall einen ganz anderen, neuen Arzt.

Dieses Beispiel hat sich Jannsens natürlich bei einer Zunft abgeschaut, die seit Herbst im Dauerlockdown ist, will sagen: Viele Köche verderben den Brei. Recht hat er so oder so.

Während manche Experten und Politiker von geschlossenen Grenzen und Zero Covid träumen, die nächsten so schnell wie möglich öffnen wollen und wieder andere den Mittelweg empfehlen, bleibt Max Mustermann ziemlich auf der Strecke. Verliert schon mal den Überblick, oder die so dringend nötige Motivation. Das Wort „Zumutung“ stand also doch nicht zu Unrecht im Sendetitel.

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