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Schmidt und Pocher: "Privat - null Kontakt"

© dpa

Comedy: Brecht und Bratwurst

Und danach eine Diätkur: „Schmidt & Pocher“ bitten in der ARD zum allerletzten Mahl. Sie machen alleine weiter, möglicherweise auch gegeneinander.

Ganz zum Schluss gibt’s klassische Musik im Autoradio, WDR3, vor trüber Rheinkulisse. Klingt fast nach Beerdigung. Und ein bisschen Wochenschau-Foklore, mit Johannes Heesters in Schwarz-Weiß-Bildern, dem Diebe endlich den gestohlenen Bambi zurückgebracht haben. Ja, das war vielleicht ihr größter Hit, weil, das größte Ärgernis bei „Schmidt & Pocher“: Nazi-Witze, Nazi-Anspieler, wie der berühmte Nazometer aus der ersten Sendung 2007, der jedes Mal blinkte, wenn Schmidt oder Pocher einen Begriff aus der Nazi-Zeit in den Mund nahmen. Dazu ein Oli Pocher in Stauffenberg-Uniform, der die ARD-Gewaltigen aufregte – das sind alles auch Höhepunkte der allerletzten Ausgabe von „Schmidt & Pocher“ am späten Donnerstagabend. Die finale Studio-Ausgabe lief ja schon vor zwei Wochen, mit einem bemerkenswert hübschen SA-Ballett übrigens.

Bemerkenswert auch die „exorbitante Berichterstattung zum Ende von ,Schmidt & Pocher’“, über die sich an dieser Stelle neulich Drehbuchautor Ralf Husmann gewundert hat: Dass eine Sendung, die an guten Tagen eine Acht-Prozent-Quote hat, in allen Medien über Tage hinweg das beherrschende Thema sei. Kein schlechter Einwand. Aber das lag sicher auch an dem Anspruch und dem Ruf, der Feuilleton-Liebling Harald Schmidt seit seiner Late-Night-Gott-Werdung bei Sat 1 immer noch vorauseilt. Und der Frage, warum Schmidts Produktionsgesellschaft für dauerhaft uninspirierte Einsätze wie die bei „Schmidt & Pocher“ rund neun Millionen Euro im Jahr überwiesen bekommen hat. Wohlgemerkt, alles Gebührengelder.

Einen Gegenwert, ein erkennbares Konzept gab es bei „Schmidt & Pocher“ lange nicht mehr, hat es nie gegeben. Provokation? Ja, irgendwie, irgendwo, aber die guten Nazi-Gag-Aufreger kann man sich auch im Internet bei Youtube angucken, genauso wie die wirklich grandiose „Bayern-WG“, mit Oliver Pocher als Lukas Podolski, der von Franz Beckenbauer ins Bett gebracht wird. Das wird sicher bleiben. Fernsehgeschichte. Schmidt hat ja recht: Pocher sei besser geworden und extrem gut im Beobachten und Adaptieren. Man lerne am schnellsten, wenn man Dinge, die man gut findet, kopiert. So habe er es auch gemacht. Aber der Rest der „Show“ heute abend beispielsweise – eine 60-minütige Fahrt durchs regnerische Köln in Begleitung einer DV-Kamera, unterbrochen von Szenen aus zwei Jahren „Schmidt & Pocher“ – zeigt auch noch dem treuesten Getreuen, warum es mit Harald Schmidt und Oliver Pocher zusammen nichts werden kann, nichts werden konnte. Pocher fährt, Schmidt sitzt hinten, Pocher redet, Schmidt hört meistens gar nicht mehr hin, beide essen Pommes rotweiß, beide gucken aus dem Fenster. Diese Mixtur von Clownerie, Kabarett, Stand-up, Stammtisch und Papperlapapp wird auch als Extra-Ausgabe, als „Roadmovie“, (ARD-Werbung) nicht viel besser. Das ist über weite Strecken so spritzig wie Dieter Bohlens aktuelle Bruzzler-Bratwurst-Werbung und nochmals eine Bestätigung der traurigen Wahrheit: Zusammen waren die beiden schlechter als jeder für sich alleine.

Pocher wechselt nun, gut und teuer ausgebildet, zu Sat 1, wo er einen klassischen Late-Night-Talk kriegt. Nicht ganz freiwillig offenbar, Pocher hatte im „Spiegel“ noch erklärt, er hätte gern weiter mit Schmidt zusammengearbeitet. Der macht in der ARD alleine weiter, ab 17. September. Es soll deutlich politischer werden, vielleicht wie damals, von 1995 bis 2003, als es sich lohnte, für ein Schmidt’sches Brecht-Zitat bei Sat 1 wach zu bleiben. In seine neue ARD-Show will der Entertainer immer nur einen Gast einladen, einen hochkarätigen: Politiker, Manager, Autor, Leute, die in der „Tagesschau“ vorkommen, kündigte er an. Der Instinkt fürs richtige Tun ist dem Karrieremenschen Harald Schmidt bei aller Larmoyanz und gespielten Gleichgültigkeit den Gesetzen der Branche gegenüber nicht abhanden gekommen.

Wie man hört, sucht sich Schmidt ein neues Team. Der Laden soll wieder laufen. Was macht eigentlich Schmidts alter Sidekick, Manuel Andrack?

„Schmidt & Pocher – Das letzte Mahl“, Donnerstag, ARD, 22 Uhr 45

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