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Wird Rudis Plan Krause gefallen? Polizeihauptmeister Horst Krause kümmert sich seit seiner Pensionierung mit Schwester Elsa um den Gasthof im brandenburgischen Schönhorst (v. l. n. r. Carmen-Maja Antoni, Angelika Böttiger, Tilo Prückner, Horst Krause) .

© rbb/Arnim Thomaß

Comeback von Horst Krause in Brandenburg: Mit dem Charme der Güte

Wiederansiedlung in der Mark Brandenburg: Volksschauspielerkoloss Horst Krause kehrt als „Krause“ in seinen Gasthof zurück.

Wie spielt man Vergessen? Wie holt man auf sein Gesicht, was dort nicht bleiben will? Wie zeigt man Schuld, für die man nichts kann? Eine meisterliche Schauspielerseniorin weiß es. Carmen-Maja Antoni (73, „Rosa Roth“, „Totengebet“, BE-Mitglied) – als Krauses Schwester Elsa ist sie ihrem Hotti die treueste Lebensstütze, die sich denken lässt. Sie dient dem Dickschädel bedingungslos, kocht, putzt, besänftigt seine Wutausbrüche. Der gestrenge Hotti weiß davon. Wer eine solche Schwester wie Elsa hat, der braucht keine Ehefrau. Der hat alles, was ein Gemütsmensch benötigt. Der darf Vater, Ehemann und Bruder zugleich spielen. Der empfindet Pflichtbewusstsein – so drückt der Preuße das Wort Liebe aus.

So eine bewundernswerte Geschwisterliebe muss man erst mal schauspielerisch hinkriegen, die Absturzgefahren ins Lächerliche sind groß. Krause und Antoni aber haben sich über viele Filme hinweg eine Sicherheit erarbeitet, die das Paradoxe zur rührenden Selbstverständlichkeit macht. Das Buch hilft zusätzlich. In „Krauses Hoffnung“ beschatten die Sorge und die Ahnung von Vergänglichkeit das rührende Geschwisterglück. Elsa wird vergesslich. Auf dem Herd des Gasthofs lässt sie Essen stehen. Das Öl entzündet sich, Krauses Lokal entgeht gerade noch dem Flammentod.

Das Ende scheint bevorzustehen. Wer soll diese Kneipe weiterführen, wenn Elsa ausfällt und Hotti alleine bleibt, weil seine andere Schwester Meta (Angelika Böttiger, 68, „Der Turm“) mit ihrem Gatten Rudi (Tilo Prückner) im Rheinland lebt? Bürgermeister Stübner (Boris Aljinovic) ist ob solcher Perspektiven entsetzt und wir Zuschauer wären es auch, mussten wir doch erleben, was aus dem wunderbaren Schauspieler Horst Krause wurde, als er sich vor Kurzem noch unter dem Namen Krüger auf Reisen in die Türkei und nach Griechenland schicken ließ: ein Pensionärsclown in Hosenträgern, ungeerdet.

Jeden Klamauk lassen sie hinter sich

Der Berliner Autor Böhlich, 62, im Osten geboren und mit dem DDR-Film und -Fernsehen vertraut, kennt aus seinem Leben in der Uckermark die Eigenwilligkeiten seiner Mitbewohner, ihre Empfindlichkeiten gegen alles Aufgeregte und Aufgesetzte. So handelt sein melancholisch zartes Buch mit feinem Humor die Widerstände ab, ehe es zu einer Rettung der Kneipe durch eine Wiedervereinigung der Krause-Geschwister kommt.

Der Wessischwager aus Köln muss seinen Übereifer und seine penetrante Gute-Laune-Attitüde ablegen. Kompromisse zeichnen sich ab. Rudi verzichtet auf Radiogedudel zum Frühstück, Hotti lässt den obligaten Ziegenmilchkelch an Rudi vorübergehen. Weltrevolution auch das: Krause, von Schwestern und Schwager überstimmt, leiht sein geliebtes Seitenwagenmotorrad aus und bekommt zurück, was er befürchtet hat: ein Wrack.

Im Gegenzug entert Hotti den Wohnwagen des Schwagers, fährt mit seinen Schwestern in die alte pommersche Heimat der Krauses, und Elsa, die Vergessliche, erinnert sich an einen lieben Freund aus alten Schultagen, den Polen Lubo Kaczmarek (Victor Choulman), mit dem sie durch das alte Schulhaus wandelt und nackt im Meer badet. Brudervater Hotti unterdrückt seine sittlichen Bedenken.

Ja, das ist schwer sentimental. Zumal noch eine verlassene Frau und Köchin (Pauline Knof) samt Sohn sich zur Aushilfe anbietet und als Helferin angenommen wird. Aber erträglich ist dieses deutsch-deutsch-polnisch-brandenburgische Konzert durch die Tonlage der Rücksicht und des Ernstes. Alte Menschen gehen mit dem Charme der Güte mutig auf ihr Lebensende zu. Jeden Klamauk lassen sie hinter sich.

„Krauses Hoffnung“, Freitag, ARD, 20 Uhr 15

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