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"Das herablassendste Stück Fernsehen seit langem": BBC-Pseudodokumentation verärgert EU-Gegner

Wenn Europa kollabiert: Die BBC-Produktion „The Great European Disaster Movie“ empört Europa-Gegner. Sie werfen dem Sender Parteilichkeit in EU-Fragen vor.

Angela Merkel tritt als Präsidentin des Europäischen Rats zurück. Frankreichs Präsidentin Marine Le Pen ruft den Notstand aus. In Rom werden Demonstranten erschossen. Spanien hat Gibraltar isoliert und der IS steht vor den Toren Wiens. Und dann lässt der Premier von „Großengland“, Nigel Farage, auch noch Millionen von EU-Migranten deportieren.

Alles Teil einer „fiktiven Dokumentation“, in der sich die BBC den Niedergang der EU in nicht allzu ferner Zukunft ausmalt. „The Great European Disaster Movie“ endet damit, dass ein Flugzeug in Glasgow landen muss, das durch das kollabierte Europa irrt. Darin sitzen ein Professor und ein junges Mädchen. Der Professor muss dem Mädchen erklären, was Europa einmal gewesen ist.

„Von sachlicher Argumentation so weit entfernt wie nur denkbar“, schimpfte der Kritiker des euroskeptischen „Daily Telegraph“ über den „Mischmasch von Fakten, Fiktionen und wilden Spekulationen“ und das „herablassendste Stück Fernsehen seit Langem“. Aber Kontroversen löste der Film nicht etwa aus, weil er schlicht langweilig war, sondern weil EU-Skeptiker in ihm einen weiteren Beweis für die Parteilichkeit der BBC in EU-Fragen sahen. Vor allem das Ukip-Lager (UK Independence Party) war empört. Die EU-Gegner waren selbst vor Kurzem Anlass apokalyptischer Visionen im Dokudrama „Die ersten 100 Tage“: Darin malte Channel 4 einen Sieg Ukips bei der kommenden Unterhauswahl aus – und dessen Folgen.

Die EU hat den Film finanziell unterstützt

Das Buch des EU-Katastrophenfilms stammt vom ehemaligen Chef des „Economist“, Bill Emmott, und sei dessen „persönliche Stellungnahme“, verteidigte sich die BBC gegen die Kritik. Die Ukip-Behauptung, der Film sei von der EU mitfinanziert worden, wurde entrüstet zurückgewiesen. Emmott gibt aber zu, dass die EU Geld für die Übersetzungen des Films bereitstellt. Europa ist gewarnt.

Emmott selbst macht aus seinen propagandistischen Absichten kein Hehl. Im Vorspann warnt er: Wenn die EU so weitermache, werde sie mit „katastrophalen Konsequenzen“ kollabieren. Die Kernpunkte der Warnung sind bekannt: Das Debakel mit dem Euro, „Austeritätsfetischismus“ wie Emmott es nennt; mangelnde europäische Soldidarität, Aufstieg der Populistenparteien.

Der Film habe alle denkbaren „pro-europäischen Klischees“ aufgefahren, beschwerte sich der Erz-EU-Skeptiker, Europaparlamentarier Daniel Hannan. Ein Versuch, EU-kritische Argumente ernst zu nehmen, sei nicht gemacht worden: „In Emmotts Version steht die EU nicht nur für Frieden und Wohlstand, sondern auch für Anstand und Toleranz. Gegner sind Fanatiker und Rassisten, die die Uhr zurückdrehen wollen“.

Die Themen Immigration und Freizügigkeit wurden gestrichen

Die BBC hatte vor der Ausstrahlung offensichtlich kalte Füße. Teile zu Immigration und Freizügigkeit wurden gestrichen, Themen, die im britischen Wahlkampf gerade sehr wichtig sind. Nach der Ausstrahlung durften EU-Skeptiker in einer Studiodiskussion Luft ablassen. „Leider haben sie Nonsens geschaffen“, sagte der frühere britische Schatzkanzler Norman Lamont zum Euro. „Eine Währung ohne gemeinsame Regierung, ohne Transferunion, ohne Risikoteilung“. Den Euro aufzugeben werde, wie Emmott es voraussage, Chaos bringen. „An ihm festzuhalten bedeutet auch eine trostlose Zukunft“.

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