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Moderator Frank Plasberg (3.v.r) und seine Gäste Sybille Mattfeldt-Kloth, Anne Wizorek, Anton Hofreiter, Sophia Thomalla, Wolfgang Kubicki und Birgit Kelle (v.l.).

© Jörg Carstensen/dpa

Gender-Talk bei "Hart aber fair": Der Club der Gekränkten

"Hart aber fair" wiederholt eine Gender-Debatte mit denselben Gästen. Frank Plasberg wirkt dünnhäutig. Die Stimmung in der Sendung ist explosiv.

Von Barbara Nolte

Frank Plasbergs Sendung („Hart aber fair: Was darf zu Mann und Frau gesagt werden?“) war eine seltsame Mischung aus Selbstkritik und Selbstaufwertung. Zur Vorgeschichte: Nach vielen Beschwerden von Frauenverbänden hatte der WDR eine im Frühjahr ausgestrahlte Sendung von „Hart aber fair“ zum Thema Gleichstellung für kurze Zeit aus seiner Mediathek genommen.

Am Montag nun ist die Talkshow in der ARD mit denselben Gästen wiederaufgeführt worden. Da saßen sie also erneut: die Schauspielerin Sophia Thomalla neben dem FDP-Mann Wolfgang Kubicki, den sie in der letzten Sendung als „genau mein Typ“ bezeichnet hatte. Kubicki saß wiederum neben dem Grünen Anton Hofreiter, über den er im Frühjahr witzelte. Der sehe ja schon ganz „gendermäßig“ aus. Nur dass sich diesmal hinter den Gästen quer über die Studiowand der Schriftzug „Zensur? Zensur? Zensur? Zensur?“ zog.

„Ich fühlte mich an Orwell erinnert“, sagte die Buchautorin Birgit Kelle über die vorübergehende Tilgung der alten Folge, bei der auch sie bereits zu Gast war, und setzt damit den Ton für die neue. „Man löscht hier das kollektive Gedächtnis.“

Geriet die erste Sendung zu flapsig, war die zweite fast ein wenig hysterisch: Die heftige Reaktion auf die bei Plasberg geäußerten Gleichstellungsthesen wurde als Beleg für einen Verfall von Deutschlands Debattenkultur genommen. Dazu zitierte Frank Plasberg die „Zeit“. „Gekränktheit“, heiße es dort, sei „kein Ausweis der verfolgten Unschuld“, sondern eine Machtressource. Sie verschaffe einen politischen Vorteil. Denn „wer beleidigt wurde, hat Anspruch auf Wiedergutmachung“.

Die Aussage wurde auf die Frauenverbände gemünzt, die sich und ihre Gleichstellungsanliegen in „Hart aber fair“ als lächerlich gemacht empfanden. Diesmal ergänzte eine Funktionärin des niedersächsischen Frauenrates die Runde. „Beleidigt war von uns niemand“, sagte sie. Plasberg widersprach: „Ich habe viele Briefe gelesen, die von Beleidigtsein sprachen.“

Kubicki streitet mit Funktionärin des niedersächsichen Frauenrates

Er wirkte dünnhäutig. Vielleicht traf das in der „Zeit“ beschriebene Gefühl auf ihn und seine Gäste zu. Sie werden sich beleidigt gefühlt haben von den vielen kritischen Mails der Zuschauer. Thomalla, Kubicki und Kelle wurde sogar die Kompetenz abgesprochen, um sich über das Thema zu äußern.

Die Stimmung in der Sendung war explosiv. „Das finde ich unverschämt, was Sie da sagen!“, sagt Kubicki zur Funktionärin des Frauenrates. Und Kelle beschimpfte die Frau: „Sie sind schuld, dass es mit der Frauenbewegung nichts wird!“ Ein Club der Gekränkten, der Wiedergutmachung fordert.

Zu Gleichstellungsfragen trug aber auch die Neuauflage der Sendung wenig Erhellendes bei. Hatte der WDR erwartet, dass sich die Gäste im letzten halben Jahr Kenntnisse in der Gendertheorie angelernt haben? Nur die Redaktion von „Hart aber fair“ hat weiter recherchiert. Neben den eher belustigenden Beispielen von Gendermainstreaming gebe es auch „viel Gutes“, heißt es gegen Ende. Beispielsweise habe die Stadt Köln Schutzhelme angeschafft, die auch auf Frauenköpfe passten.

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