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Ende offen. Wer von den Jungs im letzten "Tatort" der Mörder war, erfuhr der Zuschauer nicht.

© SWR/Peter A. Schmidt

Interaktiver "Tatort": Der Kommissar geht um

Am Sonntag zeigte die ARD den ersten interaktiven „Tatort“. Mehr als 20.000 Zuschauer rätseln nun online, wer der Mörder ist. Ein Konzept, das es künftig öfter geben könnte.

Von Katrin Schulze

Das Experiment startet mit einem Zusammenbruch. Nachdem die Zuschauer des „Tatort“ dazu aufgerufen worden sind, die Ermittlungen zu übernehmen, kollabiert der Server. Es wollen schlicht zu viele mitmachen – und eine halbe Stunde nach dem Ende der Ausstrahlung können sie dann endlich auch loslegen mit der virtuellen Polizeiarbeit. Dass die ARD am Sonntagabend einen interaktiven Krimi zeigte, war für sie ein Novum. Erstmals wird dem Zuschauer in einem Onlinespiel die Suche nach dem Mörder überlassen. Wer hat Bernd Watzlawick ermordet? Und wie?

8,37 Millionen Zuschauer – gut eine Million mehr als beim Cenk-Batu-Finale eine Woche zuvor – sahen „Der Wald steht schwarz und schweiget“, in dem das Ludwigshafener Team Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper (Andreas Hoppe) am Schluss Jugendliche festnimmt, die an einem Resozialisierungs-Camp teilnahmen und den Gruppenleiter töteten. Die Frage ist nur, welcher der fünf Verdächtigen den Mord beging. Bis zum Montagmorgen haben sich über www.tatort.de bereits mehr als 20 000 Hobbydetektive an diesem Rätsel versucht.

Der „Tatort“ geht also richtig herein in die Netzwelt und experimentiert so fleißig weiter. Neulich wollte Neu-Kommissar Til Schweiger schon den Vorspann ändern. Aber muss man jetzt auch noch die übliche Mördersuche im Traditionskrimi aufgeben? Das Konzept sei nur „ein Reflex darauf, wie stark die Zuschauer die Krimis in sozialen Netzwerken kommentieren“, sagt Sprecherin Annette Gilcher. Über Facebook und Twitter können sich die User im aktuellen Fall bis zum 20. Mai austauschen und gegenseitig Tipps geben. Sie suchen Indizien, damit die Angelegenheit – bestenfalls – der Staatsanwaltschaft übergeben werden kann. Wem es gelingt, der wird zum Chefermittler befördert. Rein virtuell natürlich nur.

So etwas hat es in der nun schon über 40 Jahre andauernden „Tatort“-Geschichte noch nicht gegeben, neu ist die Idee allerdings nicht. Im englischsprachigen Raum jagen die Zuschauer schon länger online mit. Beim ZDF auch. Im Jahr 2001 versuchte man es dort mit einem „eSkript“, bei dem die Zuschauer direkt am Drehbuch einer „Wilsberg“-Folge mitwirkten, seit zwei Jahren bringt der Sender zudem immer mal wieder interaktive Fortsetzungsfilme. Gerade laufen freitags um 21 Uhr 15 zum Beispiel sechs Folgen von „Die letzte Spur“ mit diesem Konzept. Die jüngeren, online-affinen Zuschauer sprechen die interaktiven Krimis an, und es ist wohl davon auszugehen, dass es künftig „immer mehr davon geben wird“, sagt Martin Neumann vom ZDF. In der ARD will man erst noch mehr Reaktionen abwarten, ehe entschieden wird, ob weitere interaktive Filme folgen.

Doch auch viele Krimifans jenseits der 60 möchten weiterhin unterhalten werden. Und diese sind vielleicht nicht ganz so schnell hinterher, wenn es um virtuelle Verbrecherjagden geht. Ja, vielleicht haben sie nicht einmal einen Zugang zum Netz. Alles kein Problem – für die Fernsehmacher, sehen sie in der Spurensuche via Internet doch nur ein zusätzliches Angebot für Leute, die Interesse an den kriminalistischen Einzelheiten haben. Vielleicht aber benötigt der „Tatort“ gar keine Experimente, sondern einfach nur mal wieder ein richtig gutes Drehbuch.

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