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"Die Frauen der Wikinger" auf Arte: Hey, Sigrun, hey

Das Dokudrama „Die Frauen der Wikinger“ komplettiert das historische Bild. Danach fehlt nur noch ein Besuch in der Wikinger-Ausstellung im Gropius-Bau.

Eine Horde wilder Männer hat sichtlich Spaß. Thorulf, dem Sohn des Häuptlings Ulf wird am Hals ein Tattoo gestochen, da er am nächsten Tag als Krieger auf „viking“ gehen und somit an einem Raubzug teilnehmen soll. Die zotteligen wilden Männer schauen amüsiert zu. Soweit entspricht die lärmende Gesellschaft dem Klischeebild, das wir von den Wikingern haben. Sigrun, Thorulfs Mutter und „Husfreya“, Herrin des Hofes, versucht ihren Mann davon abzuhalten, den Sohn mit auf Fahrt zu nehmen. Es kommt zu einem heftigen Wortwechsel, Ulf fühlt sich beleidigt vor seinen Männern und schlägt seine Frau ins Gesicht. Damit ist der Grundstein gelegt für „Sigruns Flucht nach Island“, die 872, zu Beginn der Wikingerzeit, in Norwegen spielt.

So heißt die erste Folge des zweiteiligen Dokudramas „Die Frauen der Wikinger“, das Arte zusammen mit dem Norddeutschen Rundfunk und in Kooperation mit dänischen, schwedischen und norwegischen Sendern in zwei Jahren gedreht hat. Autor Alexander Krogh und Regisseur Kai Christiansen haben die Elemente Doku und Drama gleich verteilt.

In einer dramatischen und grandiosen Natur haben sie aufwendig die Spielszenen inszeniert. Esther Schweins brilliert als mutige Sigrun, die von dem Mörder ihrer Familie mit elf Jahren verschleppt und geheiratet wurde. Sie sehnt sich nach einem freien Leben für sich und ihre Kinder und will die Scheidung.

Wissenschaftliche Ausführungen unterbrechen die Spielszenen

Die Spielszenen werden unterbrochen durch skandinavische Wissenschaftler verschiedener Universitäten. Sie helfen, das überlieferte Klischee von der Mörderbande durch neue Erkenntnisse zu brechen. Die Frauen sind die vergessene Hälfte der Wikingerzeit. Sie waren die Herrinnen des Hofes, sie regelten die Geschäfte, wenn die Männer auf Raubzug waren, aber sie gründeten auch Siedlungen. Auf „viking“ waren nur fünf Prozent der damaligen Bevölkerung, die aus Bauern, Handwerkern und Händlern bestand.

In der ersten Folge werden der Alltag der Wikinger, ihre Schiffsbaukunst, die magische Macht der Frauen, ihr Wissen um die Wirkung von Kräutern und der Glaube an die Götter geschickt in die spannende Geschichte der historisch verbrieften Flucht eingebettet. Island war damals eine unbesiedelte Insel, die Menschen aus allen Himmelsrichtungen anzog, wie man aus den Sagas weiß. Es war eine Art frühes Amerika, wo eine Gesellschaft sich neu erfand und mit dem Thing eines der ersten demokratischen Parlamente der Weltgeschichte schuf. Dass auch Frauen auf Island alleine gesiedelt haben, ist historisch belegt.

Das Ende der Wikingerzeit und die beginnende Christianisierung des Nordens behandelt die zweite Folge unter dem Titel „Jovas Erbe und der Untergang Haithabus“. Leonie Benesch spielt die Dienerin Jova, die im Haushalt eines Kaufmannes 1064 in Haithabu, einem der bedeutendsten Handelsplätze an der Ostsee, arbeitet und nebenbei etwas Handel treibt. Als Mann verkleidet macht sie sich auf nach Nowgorod – auch diese Biografie ist in den Sagas überliefert, um ihren Vater zu suchen, den sie in einem Kloster antrifft. Neue Perspektiven tun sich auf, ein Übertritt zum christlichen Glauben erleichtert das Handeln mit dem Kontinent.

Mit der Christianisierung endet auch die besondere Stellung der Frauen

Mit der Christianisierung endet die Wikingerzeit, aber auch die herausragende Stellung der Frauen. Sie sind die Verlierer der Christianisierung, müssen sich unterordnen und treten zurück in die zweite Reihe. In der vermeintlich barbarischen Wikingerzeit hatten sie eine bessere und mächtigere Position als unter den neuen christlichen Verhältnissen.

„Die Frauen der Wikinger“ sind die ideale Vorbereitung auf den Besuch der Wikinger-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau. Von daher ist es kein Zufall, dass die Gebrüder Beetz Filmproduktion Hamburg auch die interaktive Quiz-App zur Ausstellung und das Online-Spiel „Isungur. Rette dein Wikingerdorf“ (vom kommenden Mittwoch an unter www.isungur.com) mit entwickelt haben, eine ideale crossmediale Begleitung der großartigen Ausstellung. Schon nach diesem Film sieht man die Wikingerzeit mit anderen Augen.

„Die Frauen der Wikinger“, Arte, Samstag, beide Teile ab 20 Uhr 15, sowie Mittwoch, 17. und 24. 9. im NDR, um 21 Uhr

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