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Riecht gut, hilft wenig. Dr. Yael Adler klärt Dr. Eckart von Hirschhausen auf.

© ARD/Max Kohr

Eckart von Hirschhausen hilft Seniorinnen und Senioren: Menschenbetörer

„Einfach besser leben“: Eckart von Hirschhausen präsentiert bestes Help-TV im ARD-Nachmittagsprogramm

Wäre die „Apotheken Umschau“ nicht Deutschlands auflagenstärkste Zeitschrift, sonder ein Mensch – wie würde sie wohl heißen? Genau: Eckart von Hirschhausen! Der Mediziner in ARD-Diensten ist ja nicht nur in nahezu jedem Haushalt der alternden, aber konsumfreudigen Nachkriegsgeneration zu finden; wie das Magazin liefert er seiner Kernzielgruppe seit 25 Jahren achtsame Unterhaltung – für die der Wissenschaftsentertainer jetzt das passende Nachmittagsformat moderieren darf.

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Drei Wochen lang wühlt sich „Team Hirschhausen!“ überm Untertitel „Einfach besser leben“ von Montag an wochentäglich um 15 Uhr 10 durch Alltagsaspekte all derer, deren Feierabend schon morgens beginnt. Zum Auftakt beispielsweise: Sinn und Unsinn von Naturkosmetik, altersübergreifende Wohngemeinschaften oder was man trotz Tourette-Syndrom so erreichen kann im Land der Hindernisse und Barrieren.

Damit dürfte die Allzweckwaffe des öffentlich-rechtlichen Help-TV nur einen Bruchteil der 9,3 Millionen Leute erreichen, denen gutgelaunte Kittelträger gutsortierter Apotheken ihre „Umschau“ über die Theke geben; aber auf ein paar Hunderttausend Zuschauerinnen und Zuschauer darf das Erste schon spekulieren, wenn Hirschhausen zu Kaffee und Kuchen bittet. Das Geheimnis dahinter trägt schließlich konsenstaugliche Infotainment-Uniform (Joko-Turnschuhe zur Biolek-Weste) und zeigt sich auch sonst von seiner arglosesten Seite.

[„Einfach besser leben“, ARD, Montag, 15 Uhr 10]

Fanfare, Auftritt, Action: „Hier sprechen wir über die großen Fragen des Lebens“, ruft der Moderator zur Begrüßung, kündigt Gäste wie den Mehrgenerationenhausbewohner Oli.P oder einen Spitzenpolitiker mit Körperbehinderung an und verspricht nicht weniger als „spannende Antworten“. Kein Konjunktiv also, Ausrufezeichen: So funktioniert Eckart von Hirschhausen, seitdem der promovierte Mediziner 1994 ein Studium in Wissenschaftsjournalismus hinzufügte und parallel als zaubernder Conférencier auftrat.

Selbstbewusstsein gepaart mit Wissensdurst und Enthusiasmus haben den Sohn eines hessischen Chemikers früh zur „Rampensau“ einer Form von Bildungsfernsehen gemacht, dass sich im neuen Titel verdichtet. „Einfach besser leben“ lautet ja auch das Motto eines Philanthropen, der glaubhaft nach Linderung sucht, ohne das Blaue vom Himmel zu versprechen; der Probleme anspricht, statt in Alarmismus zu verfallen; der was bewegen will und dabei alle Alterskohorten anspricht – auch wenn jüngere Menschen vor sechs Uhr anderes zu tun haben als fernzusehen.

Ein "Detoxfußbad" wird getestet

Seniorinnen wie Brigitte dagegen, die Hirschhausen aus dem Studio voller Karokurzhemden und Kölner Akzent herauspickt, um ein „Detoxfußbad“ zu testen, werden hier grundversorgt. Seine Kollegin Yael Adler berät in Gesundheitsfragen, Wetter-Experte Sven Plöger beim wichtigsten Gesprächsthema der Welt und Koch-Profi Philipp Zitterbart beim zweitwichtigsten, während Wissenschaftsreporterin Katharina Adick für den Rest zuständig ist. Und damit niemand an der Hauptzielgruppe zweifelt, komplettiert Rentnerin Johanna Höfel das Quintett wiederkehrender Fachleute.

Im Zentrum jeder Dreiviertelstunde aber steht der Menschenbetörer, Menschenzuhörer, Menschenversteher Hirschhausen. Kurz nach seinem Bildschirmdebüt als zaubernder Barkeeper im WDR-Zirkus „Casino Royal“ bekam er 1998 ein Gesundheitsformat und wurde mit „W wie Wissen“ zum Edutainment-Star, der mit Riesenshows von „Frag doch mal die Maus“ und bis „Quiz des Menschen“ die Fernsehlagerfeuerflamme am Glimmen hält. Das erste Format der Produktionsfirma Ansager und Schnipselmann, die 50 Prozent an Hirschhausens Media GmbH hält, baut ihrem Zugpferd nun zwar eine Kleinkunstbühne, doch wenn es morgen im Wohnzimmerambiente eines Kölner Fabriklofts um Beckenbodengymnastik geht, sind die Themen ja auch winzig verglichen mit der Effekthascherei herkömmlicher Showtreppen. Eckart von Hirschhausen will schließlich – auch wenn ihn das längst zum Millionär gemacht haben dürfte – helfen. Am Dienstag geht es daher um Jugendsprache. Enkel-Deutsch, Deutsch-Enkelin, erklärt er lachend, fügt völlig ohne ironischen Unterton „muss man auch gendern“ hinzu. Ach ja, und dann entlarvt er Brigittes vermeintliches Detox-Fußbad in der Rubrik „Das können Sie sich sparen!“ nebenbei als das, was auch die „Apotheken Umschau“ schreiben würde: „Schmu“.

Jan Freitag

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