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Fernsehen: Mein Freund George

Springer-Chef Mathias Döpfner dreht einen Porträtfilm über den 90-jährigen Weltbürger Lord George Weidenfeld für die ARD.

Der Film im Ersten erinnert an die „Königskinder“ im Zweiten. Hochadel, wohin das Zuschauerauge fällt. Nur dass es hier um den Hochadel der Politik, der Kultur, der Wirtschaft und der Publizistik geht. Im Kraftzentrum dieser Welten steht Lord George Weidenfeld, geboren in Wien als österreichischer Jude Arthur Weidenfeld, dann, dem Holocaust entkommen, George Weidenfeld und Verleger in Großbritannien, schließlich Lord George Weidenfeld. Ein 90-jähriger Weltbürger, ein Pendel-Diplomat, Homme à femmes, Deutschlandfreund, Zionist, ein globaler Netzwerker, dessen Wirkwurzeln er selbst „pseudomessianistisch“ nennt. Und er ist der, den Mathias Döpfner, Journalist und Vorstandsvorsitzender des Axel Springer Verlags, „Meinen Freund George Weidenfeld“ heißt. Döpfner und der erfahrene Dokumentarfilmer Stephan Reichenberger haben das Porträt gefertigt. „Eine sehr subjektive Annäherung an einen großen Europäer“ nennt Döpfner das Ergebnis. Es ist eine offensiv dargebotene Mischung aus Homestory, Hofberichterstattung und Klaviermusik.

Die einvernommene Prominenz – Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Daniel Barenboim, Schimon Peres, Barbara Walters etc. – lobt und preist den Porträtierten so sehr, dass es verwundert, warum Weidenfeld es in seinen 90 Jahren nicht noch weiter gebracht hat. Der Mann scheint in seinem langen, sehr ereignisreichen Leben, so wie es Döpfner/Reichenberger in den Blick nehmen, alles, aber auch alles richtig gemacht zu haben. Das alles wird mal mehr, mal weniger angerissen, in der Hauptsache wird auf Weidenfeld’schen Spuren durch die Welt gefahren, stellt Döpfner in teuren Intérieurs Fragen. Der Springer-Chef gibt seiner Bewunderung enormen Raum, zugleich er sich im Glanz des Bewunderten mit sonnt.

An einigen Stellen will es scheinen, dass es der gerühmte berühmte Lord George Weidenfeld auch eine Nummer kleiner ertragen hätte. Zudem es dieser Persönlichkeit nicht abträglich gewesen wäre, wenn die Grundlinie „Die ganze Weidenfeld-Welt in 60 Minuten“ öfters verlassen worden wäre – hin zu größeren Gesprächsinseln. Der Mann hat mehr als nur etwas zu sagen, er spannt historische Linien, er inkarniert die Präsenz der Vergangenheit für die Gegenwart. Aber der Film will einfach nicht stillstehen. jbh

„Mein Freund George Weidenfeld“, ARD, 14 Uhr 30

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