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Medien: Geheimnisverräter „Stern“?

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Redakteure

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat nach einem Bericht des „Stern“ Ermittlungen gegen drei seiner Redakteure wegen des Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat eingeleitet. Wie das Hamburger Wochenmagazin in seiner heute erscheinenden Ausgabe berichtet, richten sich die Ermittlungen gegen die Journalisten Oliver Schröm, Hans-Martin Tillack und Uli Rauss. Die Strafverfolger ermitteln wegen des Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat, weil Schröm, Tillack und Rauss in einem „Stern“-Artikel vom 21. September 2006 über den von der CIA entführten deutschen Staatsbürger Khalid al Masri aus geheimen Unterlagen zitiert hatten. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat die Ermittlungen inzwischen bestätigt.

Ausgangspunkt der Ermittlungen ist offenbar eine Bitte des BND-Untersuchungsausschusses an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert. Darin wurde Lammert gebeten, die Staatsanwaltschaft davon zu unterrichten, dass als geheim eingestufte Informationen des Ausschusses an die Öffentlichkeit gelangt seien. Daraufhin wurden Ermittlungen eingeleitet. Lammert sagte dem „Stern“, die Staatsanwaltschaft sei gezwungen, nach Bekanntwerden eines Geheimnisverrats Ermittlungen aufzunehmen. „Es erging unsererseits keine Anzeige gegen einzelne Medien oder Journalisten.“

Lautstarker Protest kam am Mittwoch vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV): „Der unerträgliche Verdacht liegt hier nahe, dass die angebliche Beihilfe zum Geheimnisverrat von den Ermittlungsbehörden vorgeschoben wird, um die undichten Stellen in ihren eigenen Reihen aufzuspüren“, sagte deren Bundesvorsitzender Michael Konken. Der aktuelle Fall reihe sich nahtlos in die unrühmliche Liste staatlicher Repressalien gegen Journalisten und Medien in Deutschland ein. Der DJV-Vorsitzende forderte die zuständige Hamburger Staatsanwaltschaft auf, die Ermittlungen gegen die drei „Stern“-Redakteure sofort einzustellen. Im September 2005 war die Redaktion des Magazins „Cicero“ ebenfalls wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat durchsucht worden. Dessen Chefredakteur Wolfram Weimer hatte dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, die Richter werden darüber dem Vernehmen nach in Kürze entscheiden.

Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Guido Westerwelle forderte einen besseren gesetzlichen Schutz der Arbeit von Journalisten. Viele Details im BND-Untersuchungsausschuss seien nur durch die Medien bekannt geworden. „Wenn jetzt Journalisten mit Ermittlungen überzogen werden, dann stimmt die Rechtslage nicht mehr“, sagte Westerwelle mit Hinweis auf einen Gesetzentwurf seiner Partei.

Hans-Martin Tillack sieht sich nicht zum ersten Mal Ermittlungen wegen seiner journalistischen Arbeit ausgesetzt. Vor drei Jahren wurde sein Büro und seine Privatwohnung in Brüssel durchsucht, Tillack selbst wurde für mehrere Stunden festgenommen. Der Vorwurf: Tillack, der mehrfach über Betrugsfälle im EU-Parlament berichtet hatte, habe einen EU-Beamten bestochen, um an geheime Informationen zu gelangen. Der Korrespondent hatte das vehement bestritten. „Stern“-Chefredakteuer Thomas Osterkorn bezeichnete das hartnäckige Vorgehen der Behörden damals als „massiven Angriff auf die Pressefreiheit“. sag

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