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Medien: Gericht hebt Verfügung gegen Wikipedia auf

Das Amtsgericht Charlottenburg hat am Freitag die Einstweilige Verfügung gegen Wikipedia aufgehoben. Das Berliner Gericht entschied, dass das freie InternetLexikon weiterhin den vollen Namen des 1998 unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Berliner Hackers „Tron“ nennen darf.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat am Freitag die Einstweilige Verfügung gegen Wikipedia aufgehoben. Das Berliner Gericht entschied, dass das freie InternetLexikon weiterhin den vollen Namen des 1998 unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Berliner Hackers „Tron“ nennen darf. Zugleich ist es dem deutschen Wikipedia-Verein wieder in vollem Umfang gestattet, direkt auf das in den USA liegende Internetangebot mit den deutschen Inhalten von Wikipedia zu verlinken. Die Einstweilige Verfügung war von den Eltern von Boris F. beantragt worden, die durch die Nennung des vollen Namens die Persönlichkeitsrechte des Computerexperten geschädigt sahen.

Der Anwalt des deutschen Wikipedia-Vereins, Thorsten Feldmann, bewertet das Urteil „als Sieg ohne Wenn und Aber“. „Wir fühlen uns voll bestätigt“, sagte der Jurist dem Tagesspiegel. Friedrich Kurz, der Anwalt der Eltern, hält das Urteil hingegen für „willkürlich und greifbar gesetzeswidrig“. „Wir werden auf alle Fälle in Berufung gehen“, erklärte er nach der Verhandlung der Agentur AP und deutete an, notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen.

Die Eltern des im Alter von 26 Jahren gestorbenen Hackers, der sich nach den Erkenntnissen der Berliner Staatsanwaltschaft 1998 in einem Berliner Park selbst erhängt hat, hatten die Einstweilige Verfügung Mitte Januar erwirkt. Das Gericht untersagte dem Verein darauf die Weiterleitung der Internetadresse www.wikipedia.de auf die deutschsprachigen Inhalte, die von der Wikipedia Foundation in St. Petersburg in den USA über die Adresse de.wikipedia.org bereit gestellt werden. Nach juristischen Protesten hob das Amtsgericht Charlottenburg diese Sperre nach einigen Tagen wegen Unverhältnismäßigkeit jedoch wieder auf.

Die Eltern hatten eine Verletzung der „postmortalen Persönlichkeitsrechte“ ihres Sohnes beklagt. Dieses Recht soll Verstorbene vor unwahren Behauptungen, Herabsetzungen und Erniedrigungen sowie groben Entstellungen seines Lebensbildes und seiner Lebensleistung schützen. Dagegen habe der Wikipedia-Beitrag zu Tron nicht verstoßen, so das Gericht.

Unabhängig vom Fall Tron, über den die deutschen Wikipedia-Autoren ein halbes Jahr diskutiert haben, will der deutsche Verein nun einen Informations- Codex erarbeiten.

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