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Ausgeschenkt: Kein Bier am „Tatort“

ARD und ZDF müssen von 2013 an auf Programm-Sponsoring verzichten – außer bei Sport. Denn für König Fußball gibt es zahlreiche Ausnahmen.

Das Bier, der Vorspann, der erste Mord, dieser Dreiklang macht für viele Fernsehzuschauer den Sonntagabend erst „fett“. Die Brauerei Krombacher wird es am meisten schmerzen und das Publikum am wenigsten: Der Spot mit tiefblauem See, bewaldeten Inseln und sich füllendem Glas läuft am 30. Dezember zum letzten Mal. Auch das „Traumschiff“ im ZDF oder die Freitag-Schnulze im Ersten werden künftig ohne Sponsorenbegleitung auf den Schirm kommen. Verantwortlich ist eine Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages. Danach gilt ab 1. Januar 2013 ein weitgehendes Verbot des Programmsponsoring in den öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen nach 20 Uhr und generell an Sonn- und Feiertagen.

Die Änderung im Gesetzeswerk soll die bisherige Unterscheidung zwischen Werbung und Sponsoring aufheben und die Regelungen angleichen. Wenn die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, sie führt den Vorsitz in der Rundfunkkommission der Länder, argumentiert, für den Zuschauer sei „die Unterscheidbarkeit zwischen Sponsoring und Werbung sehr schwierig geworden“, dann stimmt diese Beobachtung. Wenn Versicherungen das Wetter nach dem „heute-journal“ oder nach den „Tagesthemen“ präsentieren, dann ist die Werbeabsicht der Unternehmen eindeutig. Früher waren laut Staatskanzlei die Sponsoren lediglich im Abspann als Finanziers aufgetaucht, „als kurzer schriftlicher Hinweis, hinter dem dritten Kameramann und dem vierten Friseur“. Diese unauffällige Randlage gibt es nicht mehr, heute tritt der Sponsor als Programmpräsentator auf, gar als jener Geldgeber, der den „Tatort“ für den Zuschauer bezahlt hat.

Was ARD und ZDF an den einzelnen Sponsorhinweisen verdient haben, das haben die öffentlich-rechtlichen Sender nie publik gemacht. Unwidersprochen ist die Jahreseinnahme von rund 60 Millionen Euro für beide Anstalten. Ob die Summe bei jährlichen Gesamteinnahmen von rund acht Milliarden Euro aus Gebühren und Werbung wirklich schmerzt? Das ZDF verneint Konsequenzen für die Programmgestaltung, anders die ARD, die durch das Verbot „möglicherweise negative Auswirkungen auf die deutsche Sportlandschaft“ befürchtet, insbesondere „für die mittleren und kleinen Sportarten“, die nicht länger von einem Sponsor unterstützt werden könnten.

Überhaupt der Sport: Nicht eben konsequent hat der Rundfunkgesetzgeber hier wieder eine Ausnahme geschaffen. Bei sogenannten „Großereignissen“ wird Sponsoring weiter erlaubt sein. Dazu gehören die Olympischen Spiele, beim Fußball Partien mit deutschem Team, Eröffnungsspiel, Halbfinals und Endspiel bei Welt- und Europameisterschaften, die Halbfinals und das Endspiel im DFB-Pokal, alle Begegnungen der Nationalelf und Finals der europäischen Vereinswettbewerbe mit deutscher Beteiligung. Die Ausnahmeregelung wird einerseits mit den exorbitanten Rechtekosten und andererseits mit der Vergabepraxis dieser TV-Lizenzen begründet. Hier werde Sponsoring häufig bereits beim Ausloben der Übertragungsrechte vorausgesetzt. Ein striktes Verbot hätte die Öffentlich-Rechtlichen so im Vergabeverfahren von vornherein aus dem Rennen geworfen, heißt es aus der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz.

Wahrscheinlich, dass sich bisherige Sponsoren vermehrt dem Sport zuwenden werden. Der Bierhersteller Krombacher, der knapp zehn Prozent seines Jahresumsatzes von 640 Millionen Euro für Werbezwecke ausgibt, bedauert zwar das Ende seines „Tatort“-Engagements nach 17 Jahren und 570 Folgen, ein Firmensprecher sagte der dpa aber, dass das Geld weiter in die Medien fließen werde.

Darauf freut sich der vermeintlich erste Nutznießer der Neuregelung, die privaten Sender von RTL bis Sat 1. Deren Lobbyverband VPRT hat längst ein neues Ziel – gar keine Werbung mehr im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Genug ist nie genug. Joachim Huber

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