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© Repro: Tsp

Medien: Phantom der Oper

Falls Sie in den Kölner Bonito-Studios Licht sehen sollten: Die „Harald Schmidt Show“ ist zurück – als exklusive PR-Veranstaltung.

Was macht eigentlich Harald Schmidt? Seitdem Sky im Frühjahr der „Harald Schmidt Show“ den Stecker gezogen hat, hat man recht wenig von ihm gehört. Schmidt schrieb einen Gastbeitrag in der „FAZ“ über Kirchenmusik oder tauchte in der „SWR1 Leute Night“ auf. Dort lästerte Schmidt über die „heute-show“ und zeigte allgemein wenig Interesse daran, ins Fernsehen zurückzukehren. Wenn er in den Medien Nachrichten höre, denke er noch darüber nach, welche Pointen sich ergeben würden. Er sei aber nach zwei Minuten durch und freue sich, „dass ich das am Abend nicht noch mal aufblasen muss für die ganze Sendung.“ Schmidt beschreibt sich als „Privatier mit abgeschlossener Vermögensbildung“. Seine Produktionsfirma Bonito solle keine eigenen Produktionen mehr machen. Ganz so ist es nicht: die Schmidt-Show ist zurück. Allerdings nicht im Fernsehen, sondern als exklusiv vermarktetes PR-Event.

Von wegen abgeschlossene Vermögensbildung. Für das PR-Event sollen interessierte Firmen dem Vernehmen nach an Schmidt einen sechsstelligen Betrag zahlen. Vor ein paar Wochen gab der 57-jährige Entertainer in seinem Kölner Studio 449 gegen gutes Geld eine erste Privatvorstellung für rund 200 Mitarbeiter und geladene Gäste der Kölner Kommunikationsberatung „Instinctif Partners“. Die ist quasi Schmidts neuer Geschäftspartner. Weitere dieser exklusiven Shows vor Mitarbeitern von Firmen sollen folgen, teilte Thomas Stein, Mitglied der Geschäftsleitung bei „Instinctif Partners“, dem Tagesspiegel mit. Zwei Firmen, darunter eine Versicherungsgesellschaft, hätten schon Interesse signalisiert.

Bei Youtube stehen ein paar Videoschnipsel dieser Veranstaltung online. Bei aller Kritik, die selbst eingefleischte Schmidt-Fans in den vergangenen Jahren an dem bei Sky in die Behaglichkeit abgedrifteten Meister übten – diese Videos lassen Phantomschmerz aufkommen. Und die Frage: Warum gibt es für Harald Schmidt keinen Platz mehr im deutschen Fernsehen? Selbst an schlechten Tagen ist er besser als der Rest an deutschen Kabarettisten, Entertainern, Comedians etc. pp.

Alte Bekannte bekommen ihr Fett weg: Thomas Middelhoff, Sarkozy, Bruni, der „Journalistendarsteller“ Claus Kleber, „Tagesthemen“-Mann Thomas Roth mit seiner „Fußstellung Ronaldo“ (weil Roth bei der Moderation immer etwas breitbeinig dastehe wie der portugiesische Weltfußballer vorm Freistoß) oder Finanzminister Wolfgang Schäuble und dessen entwaffnend eingesetzter Dialekt. Das Ganze noch etwas intimer als via TV-Bildschirm, theatralischer, im Studio 449, flankiert von Helmut Zerlett und Band, vor etwa 200 Zuschauern, denen die exklusive Veranstaltung sichtlich Spaß gemacht hat. Ironische Seitenhiebe müssen allerdings ausgehalten werden. Schmidt betont, dass er die Show nicht für jeden mache, sondern nur für Kunden, die dem auch intellektuell gewachsen wären.

Ironie, natürlich. Der Auftritt, den Schmidt und seine Mannschaft ablieferten, sieht denn auch aus wie eine normale „Schmidt Show“. Ernstere Themen wie Syrien oder die Ukraine werden , anders als in der „heute-show“, ausgespart. So stellte Schmidt die Firmengeschichte des Unternehmens mit Playmobil-Figuren nach, machte Gags über die PR- und Medienbranche und interviewte auf der Bühne Firmenchef Ulrich Stockheim. Den kennt der geschäftstüchtige Entertainer angeblich schon länger, mit ihm hatte er das neue Geschäftsmodell auf einem gemeinsamen Flug ausgeknobelt, die Herren hatten sich zufällig am Flughafen getroffen. Da musste keiner überredet werden, sagt Thomas Stein.

Als eine „Art Hausmeister“ in seinen alten Bonito-Studios will sich Harald Schmidt nach seinem Abgang im Fernsehen demnach nicht ganz zurückziehen. Wer der „heute-show“ vorwirft, diese sei „volkstümliche Unterhaltung“ in dem Sinne, dass es vor allem um die „Bestätigung von vorgefertigten Meinungen“ gehe, sollte noch etwas Besseres vorweisen können. Im März hatte der Schwabe seine letzte „Harald Schmidt Show“ beim Bezahlsender Sky abgeliefert. Dort hatte er enttäuschende Einschaltquoten eingefahren. Für Sky erwies sich die Verpflichtung des Spaßmachers als teuer erkaufter Imagegewinn. Eine stattliche Rente würde Schmidt eh’ nicht bekommen. 321 Euro stünden im Renten-Bescheid, sagte er jüngst beim SWR-Interview. Als Börsenspekulant mache er Plusminusnull. Da kommt eine sechsstellige Summe als Lohn für eine Betriebsausflügler-Show gerade recht.

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